Die Arten von Wertebegriffen

Einleitung

Werte-Begriffe können in grundlegende Arten eingeteilt werden (nicht zu verwechseln mit den Werte-Kategorien). Hier polarisieren wir und teilen in positiv (konstruktiv), neutral oder negativ(destruktiv) ein.

Diese Einteilung kann je nach Gesinnung, Definition und Einschätzung relativ sein. Wir orientieren uns hier nach

  1. der bestmöglichen Definition im Sinne einer sprachwissenschaftlichen Korrektheit und
  2. dem allgemeinen Verständnis über diese Werte-Begriffe.

Weiterhin grenzen wir an dieser Stelle zwischen Wertvorstellungen und Motiven ab. Auch wenn die Begrifflichkeiten gemäß verbreiteter Nutzung schwammig und fließend sind, ist es sinnvoll, eine Grenze – wenn auch mit einer relativ breiten Grauzone – zu ziehen. Insbesondere, da intrinsische sowie extrinsische Motive bestimmte Wertvorstellungen auslösen. Kurz: ein Motiv bezeichnet die Grundlage bzw. den Beweggrund, aus welchem abgeleitet (auslösend) zweckbestimmte Wertvorstellungen resultieren.

Ebenso unterscheiden wir zwischen Substantiv und Adjektiv oder Verb in Bezug auf die Relevanz als idealer Begriff für die entsprechende Wertvorstellung.


1. Konstruktive Werte

Wir haben uns bei Wertesysteme.de ausnahmslos auf konstruktive (alle) bzw. handlungsorientierte (ca. 60%) Werte beschränkt. Also Begriffe, die positive Wertvorstellungen ausdrücken. Man könnte sie auch als schöpferisch, Sinn stiftend, Identität fördernd, produktiv, wertschätzend und/oder kollektiv wertvoll bezeichnen.

Es geht also um Wertschöpfung, welche den Prinzipien eines evolutionären Prozesses gerecht wird. Evolution[1] ist zweckgemäß konstruktiv ausgerichtet und dient dem Überleben einer Art oder Kultur durch ein möglichst optimales Entwickeln (Herausbilden) von Eigenschaften, Fähigkeiten und Fertigkeiten. Dieser Prozess besteht aus folgenden Teilszenarien, die eine Endlosschleife bilden:

  •       Phase 1: versuchen, prüfen, bewerten,
  •       Phase 2: auswählen, einordnen, entscheiden,
  •       Phase 3: selektieren und konsolidieren,
  •       Phase 1: versuchen, prüfen, …

Während die Natur mit der Methode „Versuch und Irrtum“ –welche wissenschaftlich in der Heuristik[2] Anwendung findet – agiert, arbeitet der denkende Mensch mit Gedankenkonstrukten, die ständig abwägen, bewerten und entscheiden. Der dominierende Verstand des Menschen ist eine Bewertungsmaschine die nach Werten sucht, um sein eigenes Leben bestmöglichst zu gestalten.

Im vernunftbegabten Verständnis sind es vor allem konstruktiven Werte, welche dem aufgeschlossen suchenden Menschen als Erste in den Sinn kommen, wenn man ihn nach seinen Wertvorstellungen fragt.

[1] Evolution: von lateinisch „evolvere“ = „herausrollen, auswickeln, entwickeln“

2] Heuristik: Die Kunst, mit begrenztem Wissen (unvollständigen Informationen) und wenig Zeit zu guten Lösungen zu kommen. Ein analytisches Vorgehen, bei dem mit begrenztem Wissen über ein System mit Hilfe von mutmaßenden Schlussfolgerungen Aussagen über das System getroffen werden. Die damit gefolgerten Aussagen können von der optimalen Lösung abweichen. Durch Vergleiche mit einer optimalen Lösung kann die Wirksamkeit der Heuristik bestimmt werden. Bekannte Heuristiken sind zum Beispiel „Versuch und Irrtum“ (trial and error) und das „Ausschlussverfahren“. Heute nicht mehr verwendet wird das „Umkehrprinzip“, das in der Intuistik noch Anwendung findet.


2. Destruktive Werte

Es gibt Begriffe, welche auch von Fachleuten zu Werten gezählt werden (siehe auch das Wertemodell von S. Schwartz), aber nicht konstruktiv (sinnstiftend, moralisch oder ethisch) sind – wie z.B.: Macht, Ruhm, Eitelkeit, Anstrengung, Zweifel, Selbstherrlichkeit, Narzissmus, Geiz, Hetze, Überheblichkeit, Verschlossenheit, Risiko, etc.

Im Prinzip gibt es keine negativen Werte, so wie es physikalisch gesehen nur Wärme und keine Kälte gibt. Wärme ist messbare Bewegung und Kälte ein Begriff, der das negative Empfinden für fehlende Wärme ausdrückt. In gleicher Weise werden mangelhafte Werte mit Begriffen versehen, die diesen Mangel beschreiben bzw. ausdrücken sollen. Destruktive Werte sind demnach ein gedanklich bewertendes Konstrukt, das entweder den Mangel an Werthaltigkeitbeschreiben oder diesen – mit destruktiver Gesinnung – erzeugen soll.

Wir haben hier eine Liste der negativen Werte zusammengestellt >> xxx


3. Motive oder Werte?

Wie in der Einleitung beschrieben gibt es Begriffe, die allgemein als Werte verstanden werden, aber eher als Motiv bezeichnet werden können. Motive können auch als Lust- oder Angst-Muster bzw. Ursache oder Wirkungs-Zustand bezeichnet werden. Beispiele, in Form von Synonymen und in unterschiedlicher Ausprägung und Tiefe, sind:

  • Intention (Lust, Aktion = „Ursache“): 
    Wille, Absicht, InspirationBegeisterungIntuition, Idee (Geistesblitz), Optimismus, etc.
  • Angst (Reaktion = „Wirkung“): 
    Rechtfertigung, Hass, Sehnsucht, Wut, Eifersucht, Neid, Sucht, Rache, Zweifel, Missgunst, Pessimismus, etc.

Motive sind demnach entweder konstruktiv oder destruktiv. Beide sog. Grundmotivstrukturen stammen aus einem grundlegenden (ausgerichteten, fokussierten) inneren Antrieb.

Konstruktive Motive sind mit der Absicht behaftet, einer sinnvollen (moralischen oder ethischen) Sache zu dienen. Daraus erwachsen konstruierende Wertvorstellungen, die sich verbal und/oder in konkreten Handlungen ausdrücken. Es entsteht Wandel, Veränderung, Transformation.

Destruktive Motive entstammen einer ängstlichen oder sicherheitsorientierten Absicht, die sich in Gedanken, verbal und/oder in konkreten Handlungen ausdrückt. Daraus erwachsen destruktive bzw. reduktive[3] Wertvorstellungen. Es entsteht Bewahrung, Zurückhaltung, Rechtfertigung, sanktionierende Kontrolle und oft auch (unbewusste oder bewusste) Zerstörung von neuen, verändernden, inspirierenden Intentionen und Projekten.

[3] reduktiv: einschränkend, herabsetzend, vermindernd, reduzierend


4. Tugenden oder Werte

Viele Begriffe, die allgemein als Werte verstanden oder gar benannt werden, sind treffender als „Tugenden“ zu bezeichnen. Zwar sind die meisten Tugenden auch Werte, besitzen aber eine spezifische Bedeutung: es handelt sich hierbei definitionsgemäß um Werte, die dogmatischerNatur sind. Der Begriff Tugend entstamm aus dem Verb „taugen“ („brauchbar sein“).

So haben Religionen und Philosophen stets bestimmte Tugenden postuliert und als allgemein wertvoll bezeichnet. Wer sich nicht tugendhaft verhält, der ist für die Gesellschaft nichts wert.

Heute wird besonders in der Politik und im konservativen Bildungswesen der Begriff Werte benutzt, obwohl Tugenden gemeint sind. 

Beim Fokussieren auf Tugenden bleibt wenig Raum für das Entwickeln von eigenen, selbstbestimmten Wertvorstellungen, die jedoch im aktuelleWertewandel immer mehr Bedeutung haben. Unbewusst „drückt“ dies bei vielen Menschen auf emotionale Knöpfe und es entstehen latente Unzufriedenheit sowie Frust auf das, was gefühlt die eigene Entwicklung und Entfaltung verhindert.

Demnach sollten alle Werte-Begriffe – insbesondere beim Definieren eines persönlichen Wertesystems – einer dieser beiden Arten zugeordnet werden:

  • tugendhafte Werte: dogmatisch, allgemein gültige, kulturell akzeptiert 
  • selbstbestimmte Werte: selbst aufgestellt, aus intrinsischen Motivationen resultierend

Das persönliche Wertesystem eines Menschen sollte ebenso viele selbstbestimmte Werte, wie tugendhafte Werte aufweisen. Auch bei Wertesystemen von Gruppen oder Organisationen ist dies sinnvoll, auch wenn es zunächst schwierig erscheint (umfangreiche Werte-Ermittlung).

Verweise


5. Substantiv oder Adjektiv/Verb

Die meisten Werte sind Substantive, jedoch einige werden im Sinne von konkreten Wertvorstellungen als Adjektiv verwendet.

Wir haben uns möglichst an das Substantiv gehalten, mussten jedoch in einigen Fällen das Adjektiv bevorzugen, da das Substantiv eine andere implizite oder konkrete Bedeutung hat. So z.B. „Idealismus“, da dieser Begriff einer philosophischen Bedeutung gleichkommt (ein spezieller „-ismus„), stattdessen verwenden wir „idealistisch“, da dies eher der allgemeinen Geisteshaltung in Bezug auf eine konkrete Wertvorstellung entspricht.

Verweis: Wir haben eine Liste, nebst Beschreibung, der „Suffixe“ (wie z.B. „-ismus“) für alle Varianten, die in den von uns verwendeten Begriffen vorkommen, erstellt.


6. Suffixe bei Werte-Begriffen

Suffix ist der lateinische Fachausdruck für die Nachsilben von Wörtern, die dem Begriff eine spezielle Bedeutung (Zuordnung, Gattung, Art) geben.
Nachfolgend haben wir alle Suffixe aufgeführt, die in der von uns verwendeten Form der Wörter vorkommen.

Liste mit Beispiele und Beschreibungen der Suffixe, welche bei Werte-Begriffen vorkommen:

-keit

Beispiele: Achtsamkeit, Gerechtigkeit, Höflichkeit, Nachhaltigkeit, Pünktlichkeit
Beschreibung: Dient (neben der Nachsilbe -heit) zur Substantivierung von Eigenschaftswörtern (Adjektiven) und drücken dessen Vorhandensein aus.

-heit

Beispiele: Besonnenheit, Freiheit, Gelassenheit
Beschreibung: Dient (neben der Nachsilbe -keit) zur Substantivierung von Eigenschaftswörtern (Adjektiven) und ist – wie -keit auch – immer feminin (die …); „-heit“ stammt ab vom germanischen „*haidu-“ = „Art und Weise, Erscheinung“ ab.

-ität

Beispiele: Aktivität, Agilität
Beschreibung: Zur Substantivierung von Adjektiven, die einen Zustand ausdrücken.

-ness

Beispiele: Fairness
Beschreibung: Ist die englische Variante von „-heit“.

-ung

Beispiele: Anerkennung, Begeisterung, Verantwortung, Zuneigung
Beschreibung: Ein verbreitetes Suffix zur Substantivierung von Verben; im Laufe der Geschichte wurde es zu Substantiven hinzugefügt, die keinen direkten Zusammenhang zum Tätigkeitswort haben; oft verwendet, um den „kontinuativen“ Aspekt (Handlungen, die sich im Verlauf befinden) auszudrücken.

-ismus / -istik / -istisch

Beispiele: Realismus, Altruismus, Optimismus, Idealismus, idealistisch
Beschreibung: Ursprung: griechisch „-ismós“ bzw. „-istikḗ“ = (beides) „auf eine bestimmte Art handeln, vorgehen“; -ismus beschreibt eher eine Tendenz, Richtung oder starke Geisteshaltung, -istik bezeichnet mehr die Erscheinung, die Äußerungsform oder ein erlernbares Fach (eine Lehre); Adjektive enden auf „-istisch“ oder der reduzierten Form „-tisch“.

-schaft

Beispiele: Hilfsbereitschaft, Leidenschaft
Beschreibung: Aus althochdeutsch „giskaf“ = „Beschaffenheit, Erschaffung, Hervorbringung“ und „scaf“ = „Beschaffenheit, Ordnung, Plan, Rang“; bedeutet im Falle von Wertebegriffen: „das Hervorbringen dieser Beschaffenheit“.

-voll

Beispiele: hoffnungsvoll
Beschreibung: Bezeichnet, dass das die vorstehende Begrifflichkeit in einem gewünschten hohen Maße vorhanden oder gänzlich erfüllt ist.

-sinn

Beispiele: Ordnungssinn
Beschreibung: Das Vorhandensein von Bewusstsein in Verbindung mit sensitiver Aufmerksamkeit oder auch Achtsamkeit auf die vorangestellte Begrifflichkeit (meist ein Substantiv).

-gefühl

Beispiele: Mitgefühl, Pflichtgefühl
Beschreibung: Das Vorhandensein von Gefühlen in Bezug auf die vorangestellte Begrifflichkeit (meist ein Substantiv).


Verweise


Letzte inhaltliche Bearbeitung am 20.06.2022

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