Was ist eine Tugend?

Verweis: Dies ist die allgemeine und historische Begriffs-Beschreibung. Der Artikel “Tugenden” beschreibt den Begriff als wertesystemischen Werte-Typ.

Synonyme

Wortformen: tugendhaft, Tugendhaftigkeit, Tugenden (mz.)

Anstand, Anständigkeit, Integrität, Moral, Redlichkeit, Gesittung, Sitte, Sittenhaftigkeit, Sittlichkeit

Religiös: Enthaltsamkeit, Keuschheit

Ähnlich: Reinheit, Ehre, Qualität, Unbescholtenheit, Stärke

Antonyme: tugendlos, Laster, Bosheit, Freizügig, Makel

Englisch: virtue


Wortherkunft

Der Begriff Tugend stammt von althochdeutsch “tugund” (10. Jh.) = “Tüchtigkeit, Kraft, Brauchbarkeit” und mittelhochdeutsch “tugent” = “Tauglichkeit, Heldentat, Vorzüglichkeit, feine Sitte”. Die Begriffe sind eine Ableitung aus dem Verb “taugen” (als sog. Verbalabstrakta).


Definition

Vorbildliche, gute (sittliche) Eigenschaft, welche allgemein bevorzugt ist.


Allgemeine Beschreibung

Eine Tugend ist eine positive Eigenschaft einer Person, welche meist von einer vorbildlichen Grundhaltung (Geisteshaltung) hervorgebracht wird.

Tugendhaftigkeit ist das persönliche oder soziale Bestreben einer Person, nach festgelegten Grundwerten zu leben.

In der philosophischen und theologischen Ethik bezeichnet der Begriff eine bestimmte Charaktereigenschaft, die erstrebenswert und nützlich ist. 

Ziel dabei ist, durch sittlich gutes Handeln sich selbst zu verwirklichen und darüber hinaus als Vorbild zu dienen.

Tugendhaftigkeit wird meist durch Lob und/oder Bewunderung wertgeschätzt.

Die als Tugend bezeichnete Eigenschaften (z.B. AufmerksamkeitBeharrlichkeitTreue) werden als “gewünschte” Werte begriffen. Diese Werte werden dann als Tugend bezeichnet, wenn sie für die Allgemeinheit nützliche und wertvolle Ergebnisse hervorbringt. 

Verweis: Siehe auch den Abschnitt “Tugenden oder Werte” im Artikel “Die Arten von Wertebegriffen“.


Die Kardinaltugenden (Haupt-Tugenden)

Eine Kardinaltugend (von lateinisch cardo = “Dreh- und Angelpunkt”) wird auch Primärtugend genannt. Ambrosius von Mailand (339 bis 397) verwendete den Begriff erstmals als “virtutes cardinales”.

Thomas von Aquin (1225 bis 1274) deutete sie bildlich als “Angel” (Türangel), an denen alle anderen Tugenden anhängen.

Im heutigen Kontext kann eine Primärtugend auch als Grundwert bezeichnet werden, denn Tugenden stellen zumeist Wertvorstellungen dar. Die Summe der Kardinaltugenden der jeweiligen Epoche stellen wiederum Wertesysteme dar.

Überlieferte Kardinaltugenden gibt es seit der Antike. Hier einige Beispiele in chronologischer Ordnung:

Konfuzius (ca. 551 bis 479 v. Chr.); die “wŭcháng” (chinesisch)

Platon (ca. 428 bis 348 v. Chr.); ; aus seinen Dialogen Politeia sowie Nomoi:

Die Stoiker und das Judentum übernahmen diese 4 Grundtugenden in ihre Lehren.

Marcus Tullius Cicero (106 bis 43 v. Chr.)

Die Bibel (ca. 400 n. Chr.); die sog. göttlichen Tugenden

“Nun aber bleiben

diese drei, am größten jedoch unter ihnen ist die Liebe.” (Paulus, 1 Kor 13,13)

Meister Eckhart (1260 bis 1328); postulierte als Haupttugend

Die preußischen Tugenden

Erstmals propagiert von Friedrich Wilhelm I. (1688 bis 1740)

Immanuel Kant (1724 bis 1804)

Protestierte (in Grundlegung zur Metaphysik der Sitten) gegen eine Auswahl und beschränkte sich auf eine Haupt-Tugend:

Johann Friedrich Herbart (1776 bis 1841)

Deutsche Nationalhymne

Somit in ritualisierender Form:

  • “Einigkeit und
  • Recht und
  • Freiheit […]”

Der Text stammt von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798 bis 1874).


Heutige Tugenden

Als Quasi-Kardinaltugenden (den gleichen Motiven folgend wie zu historischer Zeit) gelten heute

  1. Die in Leitbildern von Unternehmen verwendeten Werte (meist 3 bis 4 Hauptbegriffe), als bindende Norm für Mitarbeiter sowie sich gegenüber Kunden als tugendhaft und vorbildlich darzustellen.
  2. Tugendhafte Begriffe in Verfassungen von Nationen, aus denen sich dann (im Idealfall) gültiges Recht (Gesetze) entwickeln.
  3. Der Katechismus (aus griechisch “katēchesis” = “von oben herab tönen” später abgeleitet in “unterrichten”) von einflussreichen Religionen
  4. Den moralischen (vorgetragenen) Leitsätzen bei der Erziehung von Kindern und Unterrichtung von Jugendlichen, aus den sich verschiedene Tugenden ableiten lassen.
  5. Der Bewertung von sog. sozialen Kompetenzen, z.B. frühere  „Kopfnoten“ in der Schule, „Skills“ in der Personalführung bzw. Personalentwicklung (z.B. präferierte Charakterstärken in Persönlichkeitstests).
  6. Neuzeitlich auch die unterschiedlich propagierten und eingeforderten Tugenden bei der öffentlichen Diskussion über die Leitkultur.

Liste der Tugenden (im Werte-Spiel)

Siehe auch die Listen der Tugenden (als spezifische Werte), die wir speziell für unser Werte-Spiel zusammengestellt haben.

Alle Werte