Werte-Kategorien

Hier beleuchten wir die zahlreichen Varianten, einzelne Werte miteinander in bestimmte Verhältnisse zu setzen. Somit wird auch der Grund für die Komplexität von Wertesystemen offenbart.

Zunächst halten wir fest: Werte sind nicht gleich Werte. Fragt man eine Person nach dessen Werten, schwingt dabei meist auch das Gefühl von Subjektivität mit. Beim Fragenden und beim Antwortenden. Und das zu Recht, denn:

Wertesysteme einer Person oder Gruppe sind dynamische und mehrdimensionale Gebilde aus subjektiven Vorstellungen, Synonymen und Bedeutungen, denen meist unbewusste Motive zugrunde liegen.

Versuchen wir zunächst die Arten und „Systemsektionen“ zu kategorisieren, bevor wir uns mit den Wirkmechanismen beschäftigen.

Verweise: Andere Formen von Werte-Kategorien werden in sogenannten „Werte-Modellen“ gebildet. Siehe hierzu das Kapitel „Wertemodelle. Daneben sind die Artikel „Arten von Wertebegriffen“ und „Werte-Typen“ zugehörig. Auch gibt es einen Artikel zum Thema „Agile Werte“.


1. Welche Rolle(n) spielen wir?

Wertvorstellungen liegen im Auge des Betrachters. Je nach Aufgabe, hierarchische Position, Rolle oder Lebenssituation ändern sich die Gewichtungen und die Auswahl der Werte z.T. drastisch. Wir nehmen quasi rollenbedingt ein anderes Bewusstsein (mit anderen Wesensformen) an, welches jeweils mit einem eigenen systemischen Wertegerüst (Grundnormen / Basiswerte) ausgestattet ist. Dies hat auch mit den entsprechenden Erwartungen an diese Rolle (Fremdbild / Selbstbild) zu tun.

Jeder Mensch agiert und interagiert auf verschiedenen Ebenen des Seins (Werteebene), für die er ein unterschiedlich ausgeprägtes Rollen-Bewusstsein besitzt. Hier die Liste in einer logischen Reihenfolge:

  • Persönliche Situation (Selbst, Ego)
  • Familie
  • Soziale Gruppen (Firma, Freunde, aktive Interessens-Gemeinschaften)
  • Nation und/oder Staatenbund (auch Kommune,  
  • Internationale Gemeinschaften (Religion, Kontinent, Kulturkreis)
  • Ganze Menschheit
  • Alle Lebewesen
  • Umwelt und Natur

Siehe auch im Kapitel „Was sind Werte?“ mit ausführlicher Zuordnung zu den „Werte-Bewusstseins-Ebenen“ im gleichnamigen Abschnitt.

Die rollenspezifischen Ebenen des Seins und Werdens
Die rollenspezifischen Ebenen des Seins und Werdens

Wenn wir unsere Rolle (Verantwortung innerhalb von Lebensbereichen oder -situationen) wechseln, verändern sich die Wertvorstellungen

So ist beispielsweise bemerkenswert, dass ein Mitarbeiter, der in eine Managementfunktion aufsteigt, fortan versucht, neue Werte zu leben und dabei sogar einige Charakterzüge verändert – nicht immer zum Gefallen seiner ehemaligen Kollegen bzw. neuen „Untergebenen“. Dies geschieht nicht mit böser Absicht, sondern ist der Motivstruktur und dem Wertegeflecht der jeweiligen Rolle geschuldet.

Letzte Bearbeitung dieses Abschnittes: 30.12.2019


2. Kulturelle Wertesysteme

Jede Kultur hat ihr spezifisch gewachsenes Wertesystem. Und innerhalb von Kulturen gibt es Subsysteme, die gerne als Tugenden bezeichnet werden, welche teilweise miteinander konkurrieren oder sich ergänzen. Daraus entstehen bestimmte Kategorien von Werten, die bestimmten überlieferten Motivstrukturen[1] zugeschrieben werden können.

So sind beispielsweise die „preußischen“ Werte (Tugenden) zu nennen:

Während uns Platon sogenannte Primärtugenden hinterlassen hat:

Darüber hinaus gibt es innerhalb jeder Kultur sogenannte Subkulturen, die innerhalb dieser übergeordneten Kultur mehr oder weniger andersartige Ausprägungen oder Interpretationen von Wertvorstellungen propagieren und/oder leben. Diese kategorischen sowie kategorisierten Wertvorstellungen erzeugen zwangsläufig Reibungen, welche Kontroversen auslösen können.

Ein Beispiel bilden verschiedenartige politische Parteien – inklusive deren Mitglieder, Anhänger und Wähler – innerhalb eines demokratischen Staates, der grundlegende kulturelle Wertvorstellungen in seiner Verfassung verankert hat. Zwar berufen sich die Parteien auf diese gemeinsamen Werte, streiten aber dennoch über dessen Interpretation, Priorisierung und Ausgestaltung im politischen Alltag. 

Ein Beispiel bilden verschiedenartige politische Parteien – inklusive deren Mitglieder, Anhänger und Wähler – innerhalb eines demokratischen Staates, welcher grundlegende kulturelle und humanistische Wertvorstellungen in seiner Verfassung verankert hat. Zwar berufen sich fast alle Parteien auf diese gemeinsamen Werte, streiten aber dennoch über dessen Interpretation, Priorisierung und Ausgestaltung im politischen Alltag.

[1] Motivstruktur: eine auf Anerkennung und/oder Pflicht ausgerichtete Verfolgung von Zielen.

Letzte Bearbeitung dieses Abschnittes am 30.12.2019


3. Werte in Unternehmen

Innerhalb von Unternehmen (insbesondere den sogenannten Kapitalgesellschaften) gibt es vielschichtig unterschiedliche Bewertungen von „Werten“ – je nach Stellung, Position und Rolle. Daraus resultieren Erwartungen und Wertvorstellungen, die immer spezifisch implizierender[2] Natur sind. 

Die wesentlichen kategorischen Wertesysteme in Unternehmen kann man grob in nachstehende Gruppen einteilen, welche rollentypische Motive und die daraus resultierende Wertvorstellungen besitzen:

  1. die Inhaber, Gesellschafter, Aktionäre
  2. die oberste Führungsetage
  3. die zweite bzw. mittlere Führungsetage (wenn vorhanden)
  4. die Summe aller „geführten“ Mitarbeitern (oft vertreten durch einen sogenannten Betriebsrat)
  5. die Partner bzw. Familien der Mitarbeiter

Aus diesen klassifizierten Wertvorstellungen resultieren dauerhafte Erwartungen sowie Forderungen in das Unternehmen hinein, bzw. an die anderen Hierarchieebenen. Diese mehr oder weniger unterschiedlichen rollenbedingte Grundmotive bieten entweder eine Plattform für Enttäuschungen und Geringschätzung oder sie reiben sich auf konstruktive Weise, sofern die jeweiligen Geisteshaltungen aller maßgeblichen Protagonisten kooperativer Natur sind.

Werteorientierte Motivatoren

Wir teilen diese hierarchischen Motiv-/Werte-Ebenen in vier nachstehende Hauptgruppen (Rollenebenen) ein. Bemerkenswert ist, dass eine Person immer auf mindestens zwei aber auch auf allen vier Ebenen, Kollisionen mit den eigenen Wertvorstellungen haben kann, also im Konflikt mit sich selbst steht.

Nachfolgende Grafik verdeutlicht diese Ebenen:

Schaubild: Die grundlegenden Rollenkonflikte der 4 Grundmotive in Unternehmen
Schaubild: Die grundlegenden Rollenkonflikte der 4 Grundmotive in Unternehmen

Hier die Inhalte noch mal ausführlicher, mit den möglichen Rollen der jeweiligen sozialen Ebenen (Dimensionen):

RollenebeneBeispiele für RollenGrundmotiv(e)
EGO
(Selbst, Idividuum)
Einzelperson, Einzelcharakter, Einzelschicksal, Einzelbedürfnisse, PersönlichkeitsmerkmaleAnerkennung, Wertschätzung, Entwicklung
TEAM(s)
(Sub-Gruppen)
Abteilung, Arbeitsgruppe, Projektteam, Interessengemeinschaft, Freundschaft, Hobbyteiler, Leidensgemeinschaft, Flurfunktalker-Runde, Geschlechter, RauchercommunityTeamgeist, Gemeinschaft, Beziehungen, Schutz durch die Gruppe
MANAGEMENT (Führung)Geschäftsführung, Vorstand, Aufsichtsrat, Prokurist, Geschäftsleitungs-Assistenz, Bereichsleiter, ProjektleiterKontrolle (Steuerung, Lenkung, Regelung)
INHABERUnternehmer, Gesellschafter, Aktionär, Fondsmanager, VermögensverwalterProfit, Rendite, Stabilität

[2] implizieren: mit sich bringen, verbunden sein, nach sich ziehen; im 16. Jh. entlehnt aus lateinisch „implicāre“ = „hineinwickeln, um etwas schlingen, in etwas verwickeln, verwirren“; Substantivierung: „Implikation“ = „Folgerung, Rückschluss, Konsequenz“. Bedeutung im Sinne von Werten: in einen Sachverhalt etwas hineininterpretieren, assoziative Hinzuziehung von Deutungen und/oder Aspekten, um der Sache eine größere bzw. vollständige Bedeutung zu geben. Auch: „implizit“ = „inbegriffen, eingeschlossen, mitgemeint“.

Letzte Bearbeitung dieses Abschnittes am 20.02.2021


4. Beschreibung der 4 Hauptmotive in Unternehmen

Anerkennung (Ego, Selbst)

Beispiel für Rollen: Identität als Einzelperson, charakterliche Wesensmerkmale, Einzelschicksal, Einzelbedürfnisse, Persönlichkeitsmerkmale, familiäre Verpflichtungen

Grundmotive: Anerkennung, Wertschätzung, Entwicklung

Anerkennung heißt nicht unbedingt Lob. Anerkennung ist ein „wohlwollend akzeptiertes Erkennen“ – z.B. eine Art Wertschätzung dafür, dass das andere Team-Mitglied „als Person einfach nur da ist“ und Teil der Unternehmung bzw. des Spiels ist.

Zu bedenken ist, dass auch Führungskräfte sowie natürlich auch die Geschäftsleitung im Grunde auch Mitarbeiter und kollektive Teammitglieder – also auch Egos (Ichs) – sind. Auch sie brauchen deshalb, zusätzlich zu den ihrer Rolle anhaftenden Motivstrukturen, Anerkennung. Da diese Anerkennung und Wertschätzung meist ausbleibt, erleben gerade die „oberen“ Ebenen ein inneres, zumeist unbewusstes Rollenspiel, was das Ganze komplex machen kann.

Anerkennung ist eine Art Grundnahrungsmittel für das Ego (Selbst), das den geistigen Stoffwechsel anregt und Lust auf Lebensqualität für sich selbst und auch andere erzeugt. Dies ist die Basis für selbstbestimmte Wertvorstellungen.

Teamgeist (Teams, Sub-Gruppen)

Beispiel für Rollen: Abteilung, Arbeitsgruppe, Projektteam, Interessengemeinschaft, Freundschaft, Hobbyteiler, Leidensgemeinschaft, Flurfunktalker-Runde, Geschlechter, Rauchercommunity

Grundmotive: Teamgeist, Gemeinschaft, Beziehungen, Schutz durch die Gruppe

Innerhalb einer Gruppe herrschen bestimmte dynamische Prozesse, welche sich auf das Wohlbefinden jedes Einzelnen auswirken können. Wenn diese Dynamik nicht durch die zuständige Führung in eine Art „Spirit“ verwandelt werden kann, so entsteht sie von selbst. Ein Beispiel ist der sog. „Flurfunk“ oder auch die versteckte „Grüppchenbildung“, innerhalb von Teams bzw. Abteilungen, aber auch abteilungsübergreifend. Diese vom Ego motivierten Kommunikationsformen sind schwer kontrollierbar und können die „gute Stimmung“ langfristig massiv beeinträchtigen.

Teamgeist kann durch das Triggern, Forcieren und Ausleben gemeinsamer Werte erzeugt und genährt werden. Gute Führung mit Leitwerten besteht darin,

  1. Werte (in verständlichem Bezug auf die Vision und Zielsetzungen) vorzugeben,
  2. diese vorbildlich selbst zu leben,
  3. die Wertschöpfung durch Wertschätzung zu aktivieren,
  4. eine Feedbackkultur zu erzeugen, die Maßstäbe abgleicht (Erwartungen und Benchmarks)
  5. und ein Spiel für die Gruppe zu etablieren, das aus Zielen, Freiheiten, Regeln, einer Herausforderung und einem relativ klar abgesteckten Spielfeld besteht.

Ebenso ist wichtig, dass die Führungsspitze eine „lebenswerte“ Mission erzeugen kann. Ein gutes, authentisches, individuelles und durchgängig „gelebtes“ Firmenleitbild kann hier äußerst nützlich sein, da es Orientierung schafft und den USP der Gruppe, Abteilung und/oder der ganzen Organisation verdeutlicht (transportiert).

Kontrolle (steuern, lenken, regeln)

Beispiel für Rollen: Geschäftsführung, Vorstand, Aufsichtsrat, Prokurist, Assistenz der Geschäftsleitung, Bereichsleiter, Projektleiter

Grundmotive: Kontrolle (Steuerung, Lenkung, Regelung)

Management bedeutet, Ziele, anhand von relativ konkreten Wertschöpfungsprozessen zu erreichen und dabei zielgerichtete Regeln und Mentalitäten aufzustellen sowie dessen Einhaltung sicherzustellen.

Eine Geschäftsleitung bzw. eine Führungskraft betreibt demnach Kontrolle, im Sinne von „steuern, lenken, regeln“. Dies liegt in der Natur der Sache, denn diese führende Instanz verfolgt Ziele, die es zu erreichen gilt. Leider wird dabei Kontrolle oft missverstanden und hin und wieder durch merkwürdiges und unzeitgemäßes Führungsverhalten erreicht.

Dass man Kontrolle auf zwei völlig unterschiedliche Weisen praktizieren kann, ist weitläufig unbekannt. Besonders hier liegt großes Potential brach: wenn Führungskräfte wissen würden, wie Kontrolle auf motivierende Weise erreicht werden kann, würden sich Effizienz und Motivation um ein Vielfaches steigern lassen.

Siehe auch die Definition des gleichnamigen Werte-Begriffs: Kontrolle.

Profit

Beispiel für Rollen: Unternehmer, Gesellschafter, Aktionär, Fondsmanager, Vermögensverwalter

Grundmotive: Profit, Rendite, Stabilität

Inhaber (Gesellschafter oder auch Aktionäre) haben einen Einfluss auf die Methoden der Führung. Einem entsprechend eingesetzten Geschäftsführer bzw. Vorstand wird die Kontrolle übertragen, die Geschicke des Unternehmens so zu lenken, dass zwar die Visionen umgesetzt werden, aber grundlegend werden sie am Profit gemessen und entsprechend behandelt. In der Hauptsache gelten monetäre Gewinne als „Werte“.

Egal, welche werteorientierten Ziele nach außen kommuniziert werden, letztendlich ist das Grundmotiv „Profit“. Das ist rollenbedingt völlig legitim und dient dem Zweck einer wirtschaftlichen Unternehmung. Leider wird dies falsch kommuniziert – oder besser: „transportiert“. Auch ist das Motiv „Profit“ in vielerlei Hinsicht konträr und fast oppositionell zu den Motiven der Mitarbeiter und Teams (kollektive Motive), da es sich soziokulturell nach Abschöpfen und Ausquetschen anfühlt.

Fazit und Lösungsvorschlag

Es gilt also, diese Motive zu kennen, dafür ein Wertekonstrukt zu entwickeln, das mit den jeweils anderen Motiven harmonisierend wirkt und gleichzeitig die eigenen Ziele bestmöglich zu erreichen. Dies kann z. B. mit dem Erarbeiten des „3 x 3 Wertesystems“ (oder dem TCVS) eines Unternehmens ermöglicht werden.

Letzte Bearbeitung dieses Abschnittes am 21.07.2022


5. Mangel oder Ideal?

Alle konkreten Wertvorstellungen können in zwei weitere Gattungen eingeteilt werden, welche die Ursache der jeweiligen Wertvorstellung begründen (motivieren, auslösen). Je nach zum Beispiel akut erlittenen Verlusten oder dogmatisch kulturellen Vorgaben verändern sich die Werte des Einzelnen beziehungsweise einer Gruppe. Wertvorstellungen resultieren dementsprechend aus diesen beiden sehr unterschiedlichen Gründen:

  • aus persönlichen Idealen bzw. Idealvorstellungen
  • aufgrund von Mangelerscheinungen

Ideale nennt man zurecht in der Philosophie auch „ethische Werte“. Diese können allgemein beispielsweise Selbstverwirklichung und Gerechtigkeit sein oder konkreter: Ein Beitrag zur Armutbekämpfung oder das Optimieren des Bildungssystems, mit dem Anspruch, dass sich Kinder frei entfalten können, sein. 

Mangel: Wenn etwas plötzlich oder dauerhaft fehlt (Verlust, Mangel), und somit Aspekte von Lebensqualität merklich verhindert, wird dieses Etwas zunehmend wertvoll und wichtig. So bekommt der Wert Gesundheit erst beim Auftreten von Krankheiten oder Gebrechen einen großen Stellenwert. In Gefangenschaft ist es Freiheit; wie am Beispiel der eingepferchten Bürger des DDR-Regimes deutlich zu erkennen war.

Zwar liegen Idealen vereinzelt auch Mängel zugrunde, jedoch unterscheiden wir in der bewussten Grundhaltung zwischen:

  1. getrieben sein, aus einem Mangel heraus, diesen ausgleichen zu müssen – und
  2. motiviert, ein optimistisch vorgestelltes Szenario mit Lebensqualitäten und Fülle zu erschaffen.

Der Unterschied ist gravierend, da hier konträre Geisteshaltungen zugrunde liegen, die sich stark auf unser allgemeines physisches und psychisches Wohlbefinden auswirken können.

Letzte Bearbeitung dieses Abschnittes am 03.01.2019


6. Geben oder nehmen?

Wenn Menschen davon sprechen, was ihnen besonders wichtig ist, gilt es zu unterscheiden, welcher der beiden folgenden Gründe für die jeweilige Wahl des Wertes ausschlaggebend ist. Ein Wert kann für eine Person wichtig sein, um

  1. diesen selbst zu leben und zu „spenden“ (innere Motivation nach außen gerichtet),
  2. oder um diesen einzufordern, ohne sich selbst dazu zu verpflichten (erwartete oder verlangte externe „Gabe“ bzw. Motivation).

Der zweite Grund ist oft Verursacher von Konflikten in der Kommunikation, besonders dann, wenn dies unbewusst abläuft. So kann das bei der einfordernden Person selbst ein latentes Gefühl von Unzufriedenheit auslösen, ohne sich dessen Ursache konkret bewusst zu sein. In der Psychotherapie sollte diese Einordnung daher berücksichtigt werden.

Ein interessantes Phänomen ist, dass es Menschen gibt, die bestimmte Werte einfordern, diese aber selbst nicht „leben“. Insbesondere in der Interaktion von Hierarchie-Ebenen kann dies beobachtet werden; z.B. „Erwachsener / Kind“, „Vorgesetzter / Untergebener“, „Staatsorgan / Bürger“, „Lehrer / Schüler“, „Theologe / Gläubiger“. Dieses fordernde und auch teilweise „fingerzeigende“ Verhalten ist eine wirkungsvolle Möglichkeit, die eigenen Unzulänglichkeiten und Mängeln zu vertuschen.

Im Idealfall sind die beiden Motive „Vorleben/Spenden“ und „Verlangen/Erwarten“ ausgewogen vorhanden, wobei das erste als Auslöser mit gutem Beispiel (Vorbild) vorausgehen sollte.

Letzte Bearbeitung dieses Abschnittes am 26.11.2018


7. Charakter oder Persönlichkeit

Werte, die ein Mensch präferiert oder welche ihm zugeschrieben werden, können entweder Charakterwerte oder Persönlichkeitswerte sein. Der Unterschied wird sichtbar, wenn wir die Begriffe Charakter und Persönlichkeit definieren:

Charakter

Der Charakter besteht aus archetypischen Wesensmerkmalen (Neigungen, Talente, Attribute), die in einem Menschen originär veranlagt sind.

Jeder Mensch besitzt unabhängig von seiner Herkunft und Kultur bestimmte Wesensmerkmale, die aus unbewusstem Wissen (Daten, Informationen, Bilder, Symbole) bestehen, aus dem sich spezifische Interessen und Neigungen sowie Talente (Potentiale) ergeben.

Die Werte eines Menschen, welche dem Charakter entsprechen, sind oft weniger bewusst und stehen meist wenig präferiert im Hintergrund. Auch sind diese Werte eher Bauchwerte und beeinflussen bzw. erzeugen intrinsisch motiviert die Herzwerte.

Persönlichkeit

Persönlichkeit ist die Summe bzw. das Produkt aller mehr oder weniger wahrnehmbaren Erscheinungsmerkmale einer Person (aus lateinisch „personare“* = „hindurchtönen“).

* Vgl. den sozialpsychologischen Begriff „Persona“ (auch „Maske“) bei C. G. Jung

Die Werte eines Menschen, welche der Persönlichkeit entsprechen, werden meist deutlicher präferiert als die Charakterwerte, vor allem von der Person selbst. Auch sind diese Werte zumeist strategisch ausgerichtete Kopfwerte oder vom Umfeld (Eindrücke, Impressionen) her angereizte Herzwerte.

Ausgewogenheit

Charakterwerte repräsentieren nicht nur Neigungen, sondern auch Talente. Da Talente beim Durchlaufen von lehrplanmäßigen Bildungssystemen systematisch unterdrückt werden, sollte darauf geachtet werden, dass bei einer persönlichen Werteermittlung auch die intuitiv angelegten Charakterwerte wieder zum Vorschein kommen.

Das größte Potential für Selbstbestimmung und Sinnentfaltung liegt in den ureigenen charakterlichen Werten. Wogegen Persönlichkeitswerte für eine gute soziale Interaktion sorgen.

Bestenfalls werden diese beiden Rubriken von Werten gleichberechtigt gewürdigt, gesamtheitlich aufgestellt* und ausgelebt. Wobei im Sinne von Selbstbestimmung und Autonomie die Charakterwerte genutzt werden sollten und im Sinne von sozialem und tugendhaftem Benehmen die Persönlichkeitswerte.

* Bestenfalls nach dem KOHEBA-Wertemodell.

Hinweis: Vergleiche auch die ausführlichen Artikel Charakter und Persönlichkeit.

Letzte Bearbeitung dieses Abschnittes am 16.07.2023


8. Mensch oder Maschine?

Nicht nur Menschen haben Werte, sondern auch von Menschen programmierte Maschinen. Mittlerweile sind Maschinen auch in den Bereich der bisher vom Menschen vorbehaltenen subjektiven Messbarkeit eingedrungen, da eine absolute Trennung dieser beiden „Geschöpfe“ nicht immer möglich ist.

Maschinen – vor allem Computer – sind Gebilde mit automatisch ausführenden Mechanismen (mechanisierte Rituale), die den Willen und die Motive – dadurch auch Werte und Wertvorstellungen – des Menschen umsetzen. Oft in massiv potenziertem Ausmaß, was ja der ureigene Grund des Menschen war, solche Maschinen zu bauen.

Vorsicht ist geboten, wenn dieser Prozess der Potenzierung ausufert und der Mensch die Kontrolle verliert, denn auch bei Werten gilt die weithin bekannte Regel: „Die Dosis macht das Gift.“ Deswegen dürfen Maschinen nicht sich selbst überlassen werden, sondern in deren Wertschöpfung an die sich verändernden Ziele und Bedürfnisse (Wertvorstellungen) des vernunftbegabten Menschen angepasst (optimiert) werden.

Letzte Bearbeitung dieses Abschnittes am 03.01.2019


Verweise: zugehörige Inhalte


Letzte inhaltliche Bearbeitung am 16.07.2023 (Abschnitt „Charakter und Persönlichkeit“ hinzugefügt)

Alle Werte

error: Hinweis:Dieser Inhalt ist geschützt, da er oft ohne nennen der Quelle kopiert und vervielfältigt wurde.