Gendern ist grundmotivbasiert und bezeichnet die Praxis (Fähigkeit), ausgewogene, wertneutrale Nutzung des sozialen Geschlechtes in Sprache und Texten so anzuwenden, dass sich alle angesprochenen und beschriebenen Personen gleichbehandelt und gleichberechtigt wissen und fühlen.
Bedeutungsübersicht (DWDS)
- geschlechtsneutrale oder geschlechtsinklusive Ausdrücke verwenden und dadurch Texte so gestalten, dass die Ausgrenzung aufgrund des (sozialen) Geschlechts vermieden wird
- einen Gegenstand oder ein Produkt einem bestimmten (sozialen) Geschlecht zuschreiben
- jmdm. (durch Anrede o. Ä.) ein (soziales) Geschlecht zuschreiben
- [fachsprachlich] Gender-Mainstreaming umsetzen
Quelle: bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, https://www.dwds.de/wb/gendern, abgerufen am 06.04.2022
Bedeutungen (Duden)
- a) bestimmte sprachliche Mittel verwenden, um Menschen aller Geschlechtsidentitäten sprachlich sichtbar zu machen
b) bestimmte sprachliche Mittel verwenden, um weibliche und männliche Personen sprachlich sichtbar zu machen - einer Person ein (soziales) Geschlecht zuordnen, z. B. mittels Personalpronomen oder bestimmter Anredeformen
- etwas mit einem (sozialen) Geschlecht in Verbindung bringen
- Gender-Mainstreaming umsetzen
Quelle: https://www.duden.de/rechtschreibung/gendern, abgerufen am 06.04.2022
Wertesystemische Betrachtung
Die Frage „gendern oder nicht?“ wird in der breiten Gesellschaft diskutiert – in allen Gesellschaftsschichten, bevorzugt jedoch in intellektuellen Kreisen. Und oft auch emotional.
Zunächst wäre anzumerken, dass Menschen mit einem großen, gesunden und/oder toleranten Selbstbewusstsein über dem Thema stehen und die gesagten von den gemeinten Worten unterscheiden können. Dabei spielt die Haltung, die Absicht und Gesinnung eine größere Rolle, als das überlieferte und (trainierte) Formulieren mit gewohnten Wortformen.
Auch kann festgestellt werden, dass unsere Sprache alte, traditionelle Rollen in männliche und weibliche Domänen verankert hat. Dadurch werden Frauen rein sprachlich oft ausgegrenzt, was rein emotional als Unterdrückung wahrgenommen werden kann. Beispiele: Mannschaft, Held, Müllmann, Meister, Spekulant, Kaufmann, Engel, Azubi, Guru etc.
In einigen Fällen werden auf gleiche Weise Männer ausgegrenzt. Beispiel: Hebamme, Fee, Tagesmutter, Krankenschwester, Kindermädchen etc.
Sofern einer Person oder Gruppe die substanz- und formgerechte Gleichstellung der Geschlechter sehr wichtig ist, spielt Gendern eine größere Rolle.
Sprachwissenschaftlich ist Gendern nur mit Umständen (Krücken*) möglich und stellt für Gewohnheitsmenschen eine sehr große Herausforderung dar. Traditionalisten und bekennende konservative Menschen (Grundhaltung) lehnen Gendern zumeist ab.
* Krücken beim Gendern: So kann z. B. die Endung „in“ eher als „störendes“ Anhängsel wahrgenommen werden.
Aus sozialempathischer Sicht sollte bereits der geringste Versuch zu gendern (Haltung) mit Wohlwollen wertgeschätzt werden. So kann sich im Laufe der Zeit eine gendergerechte Sprache entwickeln, was erfahrungsgemäß mehrere Generationswechsel andauern kann.
Die kontextuell zuordenbare Werte beim Gendern, im gleichbehandelnden generischen bzw. geschlechtlichen Sinne (alle sind gemeint, mit einbezogenen):
- Werte erster Ebene: Respekt, Gerechtigkeit, Achtsamkeit, Anstand, Höflichkeit
- Werte zweiter Ebene: Fairness, Weitsicht, Menschlichkeit, Freundlichkeit
- Werte dritter Ebene: Solidarität, Sorgfalt, Präzision, Professionalität, Verantwortung
Für Personen, die dem Gendern aus plausiblen Gründen kritisch gegenüber stehen oder es gar ablehnen, können im Gegenzug folgende Werte zugeordnet werden:
- Werte erster Ebene: traditionell, konservativ, pragmatisch, Freiheit, Andersartigkeit
- Werte zweiter Ebene: Flexibilität, Gelassenheit, Standfestigkeit, Realismus, Agilität
- Werte dritter Ebene: Ordnungssinn, Leichtigkeit, Unabhängigkeit, Offenheit, Kreativität
Das generische Maskulinum
In Sprachen wie Deutsch, Französisch oder Italienisch hat jedes Nomen ein grammatisches Geschlecht (Genus) – das Haus, der Baum, die Pflanze. Sprechen wir über Personen im Singular, verrät das grammatische Geschlecht oft auch etwas über das biologische (Sexus) – der Erzieher ist ein Mann, die Erzieherin eine Frau. Beim generischen Maskulinum ist das anders: Es ist eine grammatisch männliche Bezeichnung, hat mit dem biologischen Geschlecht aber laut Definition nichts zu tun. “Die Erzieher” bezieht sich also auf eine Gruppe von Menschen, die den Beruf Erzieher ausüben – über deren Geschlecht aber sagt der Begriff nichts aus.
Quelle: https://www.quarks.de/gesellschaft/psychologie/was-gendern-bringt-und-was-nicht/
Anzumerken ist, dass es auch ein generisches Femininum gibt, das offensichtlich unterrepräsentiert ist. Beispielsweise müsste es grundsätzlich „Gesellschafterin“ heißen, da das Wort aus „die“ Gesellschaft gebildet wurde.
In den Medien
Warum Gendersprache scheitern wird
Auf dem YouTube-Kanal von Alicia Joe veröffentlicht am 05.01.2021 (bis dato 2,1 Millionen Aufrufe)
Gendern mit Genderstern oder Alternativen werden immer beliebter und spalten gleichzeitig das Land. Aber wo kommt diese Idee sprachwissenschaftlich eigentlich her? Und wie viel Sinn macht sie? – Satirischer Kommentar – Deutschland 2021 – Alicia Joe
Literatur
Gendern – ja oder nein? Über den Sinn einer bewussten Entscheidung.
Ein Artikel im MAGAZIN der VALUES ACADEMY von Bettina Mathar
Ein sehr offenherziger Artikel zum Thema Gendern, der zwar ein Plädoyer für das Gendern ist, jedoch Raum für alle Sichtweisen und Streitparteien lässt.