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🎧 A002: Ob Babyboomer oder Gen Z: Hat jede Generation tatsächlich ihre eigenen Werte?
Deutschlandfunk | Hinrichs, Dörte | 05. April 2024, 10:08 Uhr (71:18 Minuten)
Spannende Diskussion darüber, welche Werte die verschiedenen Generationen haben (könnten) sowie ob es sowas wie pauschal kategorisierte Generationen überhaupt gibt. Inklusive Einblicke in Langzeitstudien.
Transkription
SPEAKER_05 – 00:02
Deutschlandfunk, Lebenszeit. Mit Dörte Hinrichs am Mikrofon, herzlich willkommen. Die Jugend von heute liebt den Luxus, hat schlechte Manieren und verachtet die Autorität. Das haben Sie womöglich in Ihrer Jugend gehört, das hört die heutige Jugend und das soll schon Sokrates gesagt haben. Und viele andere antike Denker sind ins selbe Horn gestoßen, zum Beispiel Platon oder Aristoteles. Nicht nur über die Jugend, auch über die anderen verschiedenen Generationen gibt es bestimmte Zuschreibungen. Baby-Boomer hätten kein Privatleben, Millennials seien nicht beziehungsfähig und die Generation Z sei arbeitsscheu. Was ist dran an solchen Zuschreibungen und warum sorgen sie für so erregte Debatten zurzeit? Welchen Sinn hat es überhaupt, wenn über Generationen, gerade jüngere Generationen geschimpft wird, die angeblich fauler oder dümmer sind? Ob Baby-Boomer oder Generation Z hat jede Generation ihre eigenen Werte, lautet unser Thema heute in der Lebenszeit bis 11.30 Uhr. Was heißt überhaupt Generation? Auch das wollen wir herausfinden. Teilt eine Generation bestimmte Denkmuster und Werte, die sie von anderen unterscheidet? Sind die Charakterisierungen und Einteilungen identitätsstiftend, willkürlich oder gar diskriminierend? Darüber diskutieren wir heute mit Vertreterinnen und Vertretern verschiedener Geburtsjahrgänge und gerne auch mit Ihnen. Wir wollen wissen, fühlen Sie sich einer bestimmten Generation zugehörig? Welche Erfahrungen, Werte und Vorurteile gehen damit einher? Und was bedeutet das für das Leben? Und was ist das Verhältnis zwischen den Generationen? Sie können uns anrufen unter der kostenfreien Telefonnummer 00800 4464 4464 oder aber uns eine E-Mail schreiben an lebenszeit.deutschlandfunk.de Und jetzt möchte ich Ihnen gerne unsere heutige Gesprächsrunde vorstellen. Zugeschaltet ist uns in Hamburg Ronja Ebeling, Journalistin, Autorin und Unternehmensberaterin. Schönen guten Morgen, Frau Ebeling. Guten Morgen. Und bei mir im Studio ist Martin Schröder. Professor für Soziologie an der Universität des Saarlandes. Schönen guten Morgen.
SPEAKER_14 – 02:01
Guten Morgen.
SPEAKER_05 – 02:02
Und außerdem Rüdiger Maas, Psychologe am Institut für Generationenforschung in Augsburg. Guten Morgen. Guten Morgen. Ja, schön, dass Sie alle da sind. Und das Interessante ist, dass Sie alle verschiedenen Generationen angehört, wenn man diesen Einteilungen glauben will. Verstehen Sie sich selber als ein Teil einer Generation? Frau Ebeling, Sie gehören welcher Generation an?
SPEAKER_03 – 02:25
Ich gehöre der Generation Z. An, um das mal einzuordnen. Das sind ja die Menschen, die zwischen 1995 und 2010 geboren sind. Ich bin Jahrgang 96. Zu der Frage, ob ich mich denen zugehörig fühle. Ich persönlich denke eher in Lebensphasen, muss ich ganz ehrlich sagen. Und dadurch, dass ich sehr früh berufstätig oder erwerbstätig wurde, hat mich auch die ältere Generation, also in dem Hinblick die Generation Y, sehr geprägt in meinem Verhalten.
SPEAKER_05 – 02:55
Herr Schröder, welche Generation gehört Ihnen?
SPEAKER_14 – 02:57
Also, weil ich 1981 geboren bin, gehöre ich noch gerade so, anscheinend, so wie es manche sehen. Andere sehen es aber auch wiederum anders. Zu Y, kurz davor, wäre ich vor 1980 geboren worden, dann wäre ich X.
SPEAKER_05 – 03:11
Wissen Sie, was man der Generation Y nachsagt?
SPEAKER_14 – 03:14
Ich sage jetzt mal alles und nichts, aber das können wir gleich dann noch in Ruhe besprechen.
SPEAKER_05 – 03:18
Okay, nur zwei Jahre Unterschied zu Rüdiger Maas, der aber schon wieder einer anderen Generation angehört.
SPEAKER_10 – 03:24
Genau, also ich habe das gleiche Problem wie jetzt. Herr Schröder, ich würde jetzt zur Generation X gehören, wir sind aber nur zwei Jahre auseinander oder drei.
SPEAKER_05 – 03:31
Wissen Sie, was man der Generation X nachsagt?
SPEAKER_10 – 03:34
Je nachdem, welche Schablone man ansetzt, aber Status zum Beispiel und solche Themen, das hört man dann doch immer wieder bei den Attributionen, die da zugeschrieben werden.
SPEAKER_05 – 03:43
Das ist ja spannend, dass diese Generationen gerade als Thema so en vogue sind, dass man glaubt, jeder muss sich einer Generation zugehörig fühlen, sich einteilen. In einer bestimmten Generation von den Babyboomern, viele andere vielleicht, stellen wir überhaupt am Anfang nochmal klar, was überhaupt mit dem Generationenbegriff gemeint ist. Das ist ja ein Begriff, der in der Soziologie schon vor 100 Jahren etwa geprägt wurde, Herr Schröder.
SPEAKER_14 – 04:09
Genau, es gab Karl Mannheim und der hat unter dem Eindruck des Ersten Weltkriegs gedacht und wahrscheinlich auch zu Recht, dass die Menschen, die im Ersten Weltkrieg waren, aber nicht die, die dafür zu alt oder zu jung waren, ihr Leben lang davon geprägt sind. Und daher kommt die Idee von Generationen, die in einem Satz zusammengefasst bedeutet, ich kann ihre Einstellung mit ihrem Geburtsjahr erklären, unabhängig davon, wie alt sie gerade sind, also diese Einstellungen ziehen sich durchs ganze Leben und unabhängig davon, wann ich sie frage. Also wir alle denken jetzt anders als vor 30 Jahren, aber das macht eben auch keine Generation aus, sondern Generation bedeutet, wenn sie mir sagen, wie alt sie sind, nein, wenn sie mir sagen, wann sie geboren wurden, dann kann ich erklären, wie sie denken.
SPEAKER_05 – 04:58
Das ist nun 100 Jahre her, diese Einteilung. Hat man dann so bestimmte Wellen gehabt? Haben sich die Leute damit identifiziert? Oder gab es da so Phasen, wo man gesagt hat, ja, das ist jetzt die prägende Kriegs- oder auch Nachkriegserfahrung und dann brauchte man neue Erfahrungen oder Stempel?
SPEAKER_14 – 05:16
Genau, also alle 10 bis 15 Jahre wird jetzt eine neue Generation ausgerufen, was Karl Mannheim so auch nie wollte, die Idee war, nur wenn etwas ganz, ganz Prägendes passiert, das wiederum nur bestimmte Altersjahrgänge betrifft, die aber ihr Leben lang prägt, obwohl es alle anderen nicht prägt, dann gibt es eine Generation. Komischerweise entsteht jetzt aber alle 10 bis 15 Jahre sozusagen automatisch eine neue Generation, ganz oft, und darüber können wir gleich noch reden, ohne dass irgendwer so genau sagen kann, was denn im Leben dieser vermeintlich neuen Generation jetzt ganz anders gelaufen ist. Was genau anders gelaufen sein soll, als im Leben der vermeintlich vorherigen Generation.
SPEAKER_05 – 06:01
Herr Maas, Sie nehmen ja als Generationenforscher diese Generationen stärker in den Blick. Was hat es auf sich mit dieser Trennung, alle 15 Jahre eine neue Generation?
SPEAKER_10 – 06:09
Ja genau, also ich kenne nur das alle 15 Jahre. Das ist ein sehr statisches Modell, das wahrscheinlich aus dem Marketing herkam, weil als ich ein Jugendlicher war, wusste ich gar nicht, dass ich der Generation X angehöre, weil sich keiner darüber unterhalten hat. Das kam erst in den letzten Jahren auf, dass man dann rückwärts betrachtet, dass man dann tatsächlich… dass man versucht hat reinzupressen, also dass zum Beispiel 9-11 eine Auswirkung hätte jetzt auf die Millennials, dass was auch immer jetzt die Finanzkrise eine Auswirkung gehabt hat oder wie auch immer. Das ist tatsächlich, wirkt ein bisschen konstruiert, muss man sagen, und es funktioniert auch nicht, das schematisch, statisch alle 15 Jahre auszuwerfen. Sprich, also die Menschen, die das machen, die wissen schon, dass es jetzt Generation Beta und Gamma geben wird, ohne dass sie wissen, ob da überhaupt ein erbringendes Ereignis, ein erbringendes Ereignis ist. Was stattfinden könnte, so wie es eben Herr Schüder es gerade gesagt hat, war ja der Erste Weltkrieg was sehr Prägendes. Wir hatten aber ganz oft solche Brüche, zum Beispiel der Zweite Weltkrieg, die Einführung der Digitalisierung, die Wiedervereinigung und so weiter. Und das untersuchen wir bei uns am Institut für Generationenforschung.
SPEAKER_05 – 07:13
Auf die Ergebnisse wollen wir auch im Laufe der Sendung noch zu sprechen kommen. Frau Ebelung, wie überzeugend ist für Sie der Generationenbegriff?
SPEAKER_03 – 07:21
Also ich habe es ja eben schon angekündigt, dass ich eher in Lebensphasen denke und dementsprechend glaube ich, dass ich in der Generationenbegriff bin. Und da glaube ich, ist es immer wichtig, sich vor Augen zu führen, wie sieht die Lebensrealität von gewissen Menschen oder auch Gruppen aus. Als Beispiel glaube ich, hat eine 24-jährige Mutter, also eine Frau, die sehr früh Mutter geworden ist, mehr mit einer 34-jährigen Mutter gemeinsam, als mit einer 24-jährigen Studentin, die die Nächte durchfeiert. So ganz konkret gesagt. Das heißt, wir müssen uns gerade auch im Marketing, wurde eben angesprochen, aber eben auch im Arbeitskontext fragen, wie die Lebensrealitäten von Menschen aussehen, um ihnen dann gerechter zu werden oder um sie zu erreichen. Aber ich bin auch keine Freundin davon, an diesen starren Generationenbegriffen festzuhalten oder auch diese 15-Jahres-Regelung zu machen.
SPEAKER_05 – 08:13
Dazu passt vielleicht eine Umfrage, die meine Kollegin Johanna Müsiger gemacht hat. Sie wollte wissen, bei Menschen, die sie auf der Straße gefragt hat, welcher Generation sie eingehören und ob die Menschen bestimmte Werte haben. Wie kann man sich damit verbinden?
SPEAKER_02 – 08:27
Also ich glaube auf jeden Fall, dass die Generationen eigene Werte haben. Ich gehöre zu den Anfängen der Babyboomer, also war immer Leistung, Verantwortung. Und ich glaube, die jüngeren Generationen, die haben es da einfacher, weil sie nie kämpfen brauchten.
SPEAKER_01 – 08:44
Gen-Z. Ich würde sagen, wir sind sehr offen. Und uns wird oft vorgeworfen, dass wir faul sind und weniger arbeiten wollen. Das nervt mich.
SPEAKER_15 – 08:52
Ich gehöre auch der Gen-Z an. Wir sind jetzt sehr, ja durch Umweltbewusstheit zum Beispiel, geprägt oder generell Akzeptanz, Toleranz verschiedenen Dingen oder Menschen gegenüber. Und ältere Generationen sind da halt eher so konservativer aufgewachsen, aber auch was zum Beispiel den Glauben oder Religion angeht. Das sehe ich zum Beispiel jetzt in dieser Generation, dass das immer weniger im Mittelpunkt steht, sage ich mal, und damals viel, viel mehr.
SPEAKER_09 – 09:18
Ich gehöre zu den Millennials. Hier und jetzt zu leben und das Leben zu genießen, ist schon etwas, was, finde ich, den Millennials zusteht und sagen kann, dass das einer der, einer der größeren Werte sind.
SPEAKER_16 – 09:28
Ich gehöre zu den Boomern. Also wir hatten, sagen wir mal, unsere Werte, aber wir waren nicht ganz so konservativ, würde ich aus heutiger Sicht sagen, ich werde 70, wie die Generation meiner Kinder jetzt. Die legen sehr viel Wert auf Tradition, auf Familie, auf Schulbildung. Wir zwar auch, aber sagen wir mal, die wollen auch in allerkürzester Zeit mit dem Studium fertig werden, um viel Geld zu verdienen. Wir haben uns mehr Zeit gelassen, sind nochmal um die Welt gereist und sahen noch eine rosige Zukunft, weil wir auch in einer Zeit groß wurden, also als Boomer jetzt, wo keine Kriege so nah an uns herankamen. Und jetzt sieht es ja leider ein bisschen düsterer aus.
SPEAKER_11 – 10:04
Ich bin Generation Z. Ich glaube, heute hat man eher Werte, die für Offenheit und für Hinterfragen sprechen und früher mehr für Beständigkeit und Familie vielleicht auch. X.
SPEAKER_00 – 10:16
Ich glaube, das hängt von den Zeiten ab. Also als ich in meinen Zwanzigern war, unser wichtigstes Thema war, war Atomkrieg und Krieg überhaupt. Und heutzutage, wir leben in einer Wohlstandsgesellschaft und Umwelt ist uns einfach wichtiger.
SPEAKER_05 – 10:34
Ja, ganz viele verschiedene Stimmen von ganz vielen verschiedenen Generationen. Und wenn man da so reinhört, dann denkt man, ja, kann man vielleicht das eine oder andere unterschreiben. Gleichzeitig tauchen aber auch Widersprüche auf. Herr Maas, wie erklären Sie sich das? Hat jeder seine private Definition von Einstellungen, Werten, die seiner Generation entsprechen?
SPEAKER_10 – 10:55
Ja, und vor allem, es fehlt ja der Referenzpunkt. Wenn ich jetzt sage, wir waren früher weniger konservativ als heute, dann wo ist der Referenzpunkt? Also ich hatte ja damals eine ganz andere Lebenswirklichkeit wie heute und dadurch ist es nicht vergleichbar. Also mit solchen Inkommensuralitäten werden wir dann immer zu tun haben, wenn dann Ältere rückblickend dann eher betrachten, von welchem Standpunkt aus sie dann gehen, um die Jüngeren heute zu betrachten. So funktioniert das auch nicht. Und bei diesen ganzen Zuschreibungen sehen wir immer, wenn die positiv und offen sind, dann erkennen sich die Leute immer ganz gern wieder. Ja, so müssen wir das sehen und da hat halt jeder einen anderen Blick drauf. Und deswegen kann es zu solchen Widersprüchlichkeiten kommen.
SPEAKER_05 – 11:31
Aber wenn man jetzt zum Beispiel die Generation Z oder Gen Z, wie sie sich auch nennt, betrachtet, die durchaus sich als solche vielleicht identifiziert, aber von ganz vielen anderen Generationen mit eher negativen Attributen ja oft behaftet wird, wo man fast wieder an Sokrates denkt, also die Jugend von heute ist irgendwie immer ganz schrecklich.
SPEAKER_10 – 11:50
Mhm. Also das Thema ist, weil wir, wenn man es jetzt auf dem Arbeitsmarkt mal anschaut, dann bekommt die sogenannte Generation Z oder die heutigen Nachwuchskräfte, die auf den Arbeitsmarkt kommen, die treffen ja völlig andere Lebenswirklichkeiten, wie jetzt Menschen, die vor 20 Jahren oder 30 Jahren auf den Arbeitsmarkt kommen. Wenn wir jetzt diese Boomer nehmen, die übrigens meiner Meinung nach bis 69 gehen müssten, weil dann war der Baby-Boom vorbei, weil dann wurden einfach weniger geboren. Und die verlassen jetzt ja flächenmäßig den Arbeitsmarkt. Das heißt, da kommt, da ist ein Gap, da ist eine Lücke, da ist ein Vakuum. Und da kommt relativ wenig nach. Das heißt, ich kann mehr oder weniger den Arbeitsmarkt aussuchen. Und das ist relativ neu, also mit so einer Wucht. Und dadurch entsteht dann einfach ein anderer Blick auf die Arbeit. Also wenn ich mir etwas aussuchen kann, ist es per se einfach weniger wert. Es wird ein Stück entwertet. Und ich kann mir dann, mein Anspruch steigt an einer gewissen Weise. Und jetzt komme ich als, sag ich mal, als älterer Mensch, der einfach da eher devot an den Arbeitsmarkt eingestiegen ist, eher dann zu allen Ja und Am gesagt hat, um ja den Arbeitsplatz zu bekommen. Diese Historie habe ich ja noch. Also diese Vergangenheit habe ich ja noch. So blieb ich ja auch im Unternehmen. So habe ich auch im Unternehmen Karriere gemacht. Und jetzt kommt da jemand Jüngeres und fordert schon relativ viel ein. Und jetzt vergleiche ich das mit meinen Erfahrungswerten, wie ich in die Arbeit eingetreten bin. Und das stellt mich jetzt einfach vor großen Fragezeichen. Wie kann ich jetzt damit umgehen? Und das versuche ich jetzt aus meiner Logik heraus zu erklären. Und so kommen dann so Attribute, wie die Jüngeren sind, fauler oder anspruchsvoller. Wenn aber dieser ältere Mensch, ich sage jetzt mal dieser Baby-Boomer, auch die Möglichkeit hätte, der auszweite, dann ist er genauso. Wenn er vor dem Buffet steht, nimmt er auch sich das Beste raus. Und ist in dem Moment genauso. Er hat bloß nicht diese Fantasie, wie das sein kann, in der Arbeit eben so in den Arbeitsmarkt einzutreten. Und wir gehen jetzt davon aus, dass die Generation Z eben, die den Arbeitsmarkt so kennenlernt, natürlich dann diesen Anspruch oder diese Ebene, wo sie einsteigt, natürlich auch ein Stück mitnehmen wird. Das heißt, das wird eine Zeit brauchen, bis die dann auf dieser Ebene sind wie eben die anderen. Und diese Verzögerungen, genau solche Dinge untersuchen wir.
SPEAKER_05 – 13:45
Wie gehen Sie da vor bei den Untersuchungen?
SPEAKER_10 – 13:48
Das ist immer eine Mischung aus qualitativer und quantitativer Befragung. Ich kann mal ein Beispiel nennen. Wir haben mit dem Beratungsunternehmen EY 4000 Menschen befragt, ob sie denn die Jüngeren weniger leistungsfähig finden, fauler und so weiter und so fort. Und tatsächlich war da ein extrem hoher Zuspruch. Also die meisten Menschen sahen tatsächlich die Jüngeren fauler. Dann haben wir das nochmal eingeteilt nach diesen populärwissenschaftlichen Generationeneinteilungen. Und siehe da, auch die Generation Z hat sich selber auch als, Anführungszeichen, fauler wahrgenommen oder beschrieben. Allerdings war das eine Stereotypenabfrage. Es gab keinen Referenzpunkt. Wir haben nicht gesagt, 40 Stunden effizient arbeiten, keine Krankheit und so weiter. Das haben wir ja nicht gemacht und deswegen war das erstmal nur, also es war nicht objektiv, aber es war einfach nur eine subjektive, wenn man so will, Stereotypenabfrage. Dann haben wir innerhalb dieser Befragung eine Validierungsbefragung mit drin gehabt, wo wir gefragt haben, was ist denn die Wichtigen der Arbeit? Und haben das nochmal versucht zu operationalisieren. Also zum Beispiel Arbeitsklima, Informationsfluss und so weiter und so fort. Und siehe da, es gab überhaupt keine Unterschiede zwischen den Generationen. Es wurde gleich angekreuzt. Mit dem Ergebnis haben wir dann nochmal Fokusgruppen gemacht und haben dann die Menschen eingeteilt, die Älteren, X und Boomer sozusagen und die Jüngeren und haben gefragt, was verstehst du denn eigentlich unter Arbeitsklima? Also das war jetzt eben die qualitative Befragung. Und das war ganz spannend, da haben die Älteren gesagt, also unter einem guten Arbeitsklima verstehe ich, dass der Vorgesetzte transparent mit mir umgeht, dass ich mich auf ein Team verlassen kann, wenn ich krank bin oder im Urlaub bin, dass wenn ich zurückkomme, mich auf mein Team verlassen kann und dass ich die Informationen bekomme, die ich benötige für meine Arbeit und dass ich fair bezahlt werde und so weiter, all diese Themen. Wir haben die Jüngeren gefragt, was verstehst denn du jetzt unter angenehmes Arbeitsklima und da kamen andere Themen. Da kam zum Beispiel, dass der Vorgesetzte sich um mich kümmert, dass ich wahrgenommen werde mit meinen Fähigkeiten, dass ich herzlich aufgenommen werde. Also wenn man so will, eine egozentrische Sicht und die anderen eine kollektive Sicht. Dann haben wir die beiden Fokusgruppen nochmal diese Ergebnisse quasi der anderen Gruppe vorgehalten und gesagt, das haben die gesagt, das haben die gesagt und das war eigentlich ganz erstaunlich.
SPEAKER_10 – 15:50
Das ist doch selbstverständlich, dass man sich versteht, dass man nicht lästert und das und das und das macht. Warum? Weil ich einfach jetzt schon mit einem anderen Standard reinkomme. Also wir bewegen uns ja alle weiter und für mich ist diese andere Welt, die davor war, vielleicht gar nicht mehr greifbar und das muss man jetzt verstehen. Die Babyboomer sind halt in den Arbeitsmarkt gekommen, als es sehr sehr sehr viele Menschen gab, die gleichzeitig das Gleiche wollten und dadurch war die Konkurrenzbeobachtung extrem wichtig. Dadurch war es auch wichtig, sage ich mal, den einen oder anderen vielleicht auch abzuwerten, ich sage das jetzt mal so in Anführungszeichen.
SPEAKER_10 – 16:19
Wenn ich aber jetzt in den Arbeitsmarkt einsteige und die Unternehmen sich bei mir bewerben mehr oder weniger, bin ich ja in dem Fall Kunde und als Kunde interessiere ich mich gar nicht so sehr für die anderen Mitbewerber und genau solche Dinge sehen wir jetzt. Das heißt, ab einem gewissen Zeitpunkt ist eine Ähnlichkeit da. Wenn wir tiefer gehen, merken wir, dass es da tatsächlich einen Progress gibt und der hat tatsächlich wieder eine Verschiebung.
SPEAKER_05 – 16:37
Fragen wir doch gleich Frau Ebeling, wie sieht das aus? Können Sie dem zustimmen, wenn Sie sagen, am Anfang hat der Maas ja gesagt, die Generation Z, die 20-Jährigen bis 30-Jährigen oder so, dass die ja selber auch von sich sagt, sie sei vielleicht fauler zum Beispiel. Wie reagieren Sie darauf?
SPEAKER_03 – 16:58
Also erstmal möchte ich ganz kurz zurückrudern und feststellen oder beziehungsweise deutlich machen, dass sich nicht die gesamte Generation Z, die man ja sowieso nicht alle über einen Kamm scheren kann, sich auf dem Arbeitsplatz oder beziehungsweise auf dem Arbeitsmarkt die Jobs aussuchen kann. Es gibt immer noch sehr viele junge Menschen, die gerade durchs System fallen, die auf dem Arbeitsmarkt nicht wahrgenommen werden, und die einfach als unfähig bezeichnet werden, anstatt dass man sich fragt, okay, was brauchen die denn jetzt speziell? Auch ganz konkret nach der Corona-Pandemie. Und dass wir da eben nicht die Schuld in Anführungszeichen auf junge Menschen schieben, sondern uns fragen, was braucht sie in diesen akuten Krisenzeiten, die wir ja alle erleben. Auf die Frage, ob die junge Generation fauler ist, in Anführungszeichen, würde ich sagen, wir gehen auf jeden Fall Ressourcen schonender mit uns selber um, und das ist eine sehr wichtige Frage. Das sehen wir auch daran, dass junge Menschen im Team, und dazu gibt es auch Zahlen von der IAB, zum Beispiel Überstunden eher ablehnen. Die älteren Generationen, weil sie es verinnerlicht haben, das wurde ja gerade ganz deutlich gemacht, neigen zu mehr Arbeit, und junge Generationen sagen schon mal früher und eher nein. Da mache ich nicht mit, oder beziehungsweise ich will meine Stunden dann eben auch zeitnah abbauen. Und das ist etwas Neues.
SPEAKER_03 – 18:20
was die jüngere Generation Ich sehe das eher als ressourcenschonend, aus verschiedenen Gründen. Mentale Gesundheit ist ja auch so ein Thema, das unsere oder die junge Generation immer bewusster wahrnimmt. Wir wollen uns selber schützen. Aber auch, ist ja auch ein ganz aktuelles Thema, auch im Hinblick auf unsere Rente. Wir wissen ja gar nicht, bis wann müssen wir leisten. Und wir können jetzt nicht lossprinten und sagen, okay, wir müssen ja nur zwei Runden im Stadion schaffen. Sondern nein, das hier ist ein Marathonlauf, ein Ausdauerlauf. Und die Ziellinie, sprich die Rente, wenn man das als Ziel bezeichnen will, wird im Zweifel noch mal ein paar Meter nach hinten versetzt für meine Generation. Und da ist es wichtig, mit den eigenen Ressourcen gut zu haushalten.
SPEAKER_05 – 19:03
Herr Schröder, wie sehen Sie das? Ist das so ein Unterschied, der ganz klar wird, wo man doch sagen kann, es ist eine andere Generation, die auf ganz andere Bedingungen trifft und damit auch andere Einstellungen hat? Zur Arbeit zum Beispiel?
SPEAKER_14 – 19:16
Also, es gibt hier eine komplizierte Erklärung und das ist die Generationenerklärung. Und die ist falsch. Und es gibt eine richtige Erklärung und die ist ganz einfach. Und die geht so, wenn ich eine niedrige Arbeitslosenquote habe, kann ich mich als Arbeitnehmer mit dem, was ich möchte, durchsetzen. Und so ist es. Ganz einfach. Das trifft aber genauso…
SPEAKER_03 – 19:35
Wenn man gut gebildet ist. Also, wenn man gewisse Standards mitbringt, dann kann man das machen. Aber wenn man zum Beispiel keinen Schulabschluss hat, wenn man keinen Ausbildungsabschluss hat, jetzt kam heute oder vorgestern die Zahl raus, dass jeder fünfte junge Erwachsene, sprich unter 32-Jährige, keine Berufsausbildung hat, denen fällt es schon schwerer, auf dem Arbeitsmarkt ihre Forderungen durchzusetzen, würde ich behaupten.
SPEAKER_14 – 19:59
Das ist klar. Aber denen fällt es immer noch jetzt einfacher als in einer Zeit, wo in Ostdeutschland 50% und in Westdeutschland 25% der Ungebildeten arbeitslos waren. Alba, Sie haben völlig recht, natürlich. Eine Verbesserung ist in aller Regel eine Verbesserung für alle, aber zum selben Zeitpunkt haben es immer diejenigen schwerer, die eine Ausbildung haben, die nicht nachgefragt wird.
SPEAKER_05 – 20:23
Das heißt, Sie haben gesagt, nicht der Generationenbegriff trifft hier nichts, sondern einfach nur eine veränderte Arbeitsmarktsituation für Berufseinsteiger?
SPEAKER_14 – 20:31
Genau, also die Aussagen, es gibt unterschiedliche Generationen und die haben unterschiedliche Einstellungen in Bezug auf den Arbeitsmarkt als Generation, ist messbar falsch. Insofern brauchen wir jetzt auch gar nicht groß darüber zu diskutieren, ob es nicht doch stimmt oder so.
SPEAKER_10 – 20:49
Aber wie denn messbar falsch?
SPEAKER_14 – 20:51
Genau, also wenn ich die Daten von 84.000 Personen nehme, die 800.000 Mal befragt wurden von 1984 bis 2021 und zwei Faktoren rausrechne, a die Jungen haben schon immer anders gedacht als die Alten und b wir alle denken anders als früher und dann mit einem Age-Period-Cohort-Modell probiere den Einfluss
SPEAKER_05 – 21:16
Das müssen Sie gleich nochmal genauer erklären, hier folgen nämlich gleich die Nachrichten, ob diese Generation weitergeht. Wir sind gespannt auf Ihre Fragen. Köstieren Sie sich selber zu einer Generation oder nicht? Mit welchen Eigenschaften verbinden Sie sie? Ob Baby-Boomer oder Gen-Z, hat jede Generation ihre eigenen Werte? Unsere Frage heute in der Lebenszeit. Sie können uns kostenfrei anrufen unter 0080044644464 oder eine Mail schreiben lebenszeit at deutschlandfunk.de
SPEAKER_05 – 21:54
Weiter geht es mit der Lebenszeit, die heute die Generationenfrage stellt. Ob Baby-Boomer oder Gen-Z hat jede Generation ihre eigenen Werte? Das ist unsere Frage. Wir haben schon diskutiert, dass bestimmte Etiketten den verschiedenen Generationen von Baby-Boomern, Generation X, Y, Z angeheftet sind und ob das Stereotypen sind, ob da was dran ist und wir wollen weiter darüber diskutieren, was gibt es da auch für Forschungen und weiterhin an Bord sind Ronja Ebeling, Journalistin, Autorin und Unternehmensberaterin, außerdem Martin Schröder, Professor für Soziologie an der Universität des Saarlandes und Rüdiger Maas, Psychologe am Institut für Generationenforschung in Augsburg und Sie sind natürlich auch gefragt, fühlen Sie sich als Teil einer Generation? Stimmen die Etikette? Haben Sie bestimmte Werte, die Sie mit einer Generation teilen oder sagen Sie, dieser ganze Generationenbegriff der ist eigentlich überhaupt nicht passend, der wird nur vielleicht von den Medien gehypt? Sie können uns anrufen unter 00800 4464 4464 oder auch uns eine E-Mail schreiben an lebenszeit at deutschlandfunk.de und ich möchte jetzt nochmal noch anknüpfen an die Diskussion vor den Nachrichten. Herr Schröder, da haben Sie ja den Generationenbegriff selber durchaus in Frage gestellt oder auch mit Ihren Forschungen belegt, dass das vielleicht nicht so treffend ist.
SPEAKER_14 – 23:11
Genau, also wenn man die größte Umfrage nimmt, die es dazu gibt, da wurden 80.000 Menschen 800.000 Mal befragt, und dieselben Menschen wurden jetzt über fast 40 Jahre immer wieder befragt und dann muss man zwei Sachen rausrechnen. Der Umstand, dass zum Beispiel 40-Jährige konservativer sind als 20-Jährige, das ist kein Generationeneffekt, wenn der sich immer wieder bei allen Menschen, die immer wieder befragt werden, über den Altersverlauf einstellt. Das hat ja auch Frau Ebeling ganz gut gesagt, wenn sie sagt, sie glaubt an Alterseffekte und die gibt es, das ist völlig unbestritten. Also ich kann jeder Hörerin und jedem Hörer nur wünschen, dass jemand mit 40 vielleicht nicht mehr ganz so denkt in der einen oder anderen Hinsicht wie mit 13. Das ist ja klar. Es gibt auch Periodeneffekte. Also hätten wir jetzt in den 80er Jahren eine Umfrage gemacht, ob vielleicht Homosexuelle heiraten wollen, dann hätten die wenigsten Ja gesagt und jetzt werden wahrscheinlich die meisten Ja sagen. Das ist aber auch kein Generationeneffekt, wenn alle in der Gesellschaft dem heute zustimmen und in den 80er Jahren niemand dem zugestimmt hat. Und diese beiden Effekte, die kann man statistisch rausrechnen. Das ist eine völlig anerkannte Methode, die unter Age Period Cohort, Altersperioden-Kohortenanalyse so in der Literatur, in Fachzeitschriften auch genutzt wird. Und wenn man genau das macht und nichts daran ist strittig, dann finde ich zum Beispiel, in Bezug auf Sorgen um Arbeitsplatzsicherheit zwischen verschiedenen Generationen keine Unterschiede. In Bezug auf Sorgen um die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung finde ich zwischen verschiedenen Generationen keine Unterschiede. In Bezug auf Sorgen um die eigene wirtschaftliche Situation finde ich einen minimalen Unterschied, dass als Generationeneffekt zum Beispiel die, die 1935 geboren wurden, also die jetzt fast 100 Jahre alt wären, als Generation auf einer Dreierskala mehr Sorgen bedeutet sozusagen mehr Sorgen um die eigene wirtschaftliche Situation. Die hat einen Effekt von 1,9. Jetzt ist es 1,7. Aber wieder, wenn ich dann Generationen frage, ist es ihnen denn wichtig, Erfolg im Beruf zu haben, gibt es keinen Effekt. Und Sie können mir glauben, als ich das alles so rausgefunden habe, habe ich auch gedacht, ja, aber das kann ja nicht sein, Martin, du spinnst. Du musst irgendwas falsch berechnet haben. Wenn man sich jetzt aber die tatsächliche Literatur anschaut, die in Fachzeitschriften veröffentlicht wird, 2012, Journal of Business and Psychology, Ergebnis einer Metaanalyse, aller in Fachzeitschriften begutachteten Studien, es gibt keine Zusammenhänge zwischen Generationen und Arbeitseinstellungen, die Zusammenhänge sind klein, im Wesentlichen null. 2015, wieder eine Untersuchung, Little Solid Empirical Evidence Supporting the Existence of Generations. 2021, genauso keine Ergebnisse gefunden. Das hat 2022 sogar dazu geführt, dass in einer bekannten Fachzeitschrift, Group and Organization Management, die Diskussion umgedreht wurde und sich jetzt gar nicht mehr in der Fachliteratur gefragt wird, ob es Generationen gibt, sondern in der Fachliteratur diskutiert wird, wie kann es sein, dass wir an Generationen glauben, obwohl alle, also ich würde gerne mal jemanden bitten, mir eine gut gemachte Age Period Court Untersuchung zu zeigen, die Generationeneffekte zeigt, obwohl alle gut gemachten Untersuchungen zeigen, es gibt keine Generationeneffekte.
SPEAKER_05 – 26:45
Trotzdem reden wir ganz viel über Generationen. Scheint es ein Bedürfnis zu sein, entweder einer Generation anzugehören oder sich von einer anderen abzugrenzen und zu sagen, da gibt es Unterschiede, vielleicht nicht nur in der Einstellung zur Arbeit, vielleicht auch in gewissen Werten, das ist ja auch unser Thema heute. Vielleicht ist Familie wichtig oder in der Umfrage kam Religion, ist ein Wert, der vielleicht früher wichtiger war als heute. Also gibt es da Unterschiede, Herr Maas?
SPEAKER_10 – 27:12
Ja, wir neigen schon immer dazu, gerne uns zu Gruppen oder Gruppen zu sehen oder Gruppen dann auch auf- oder abzuwerten. Das ist völlig normal. Aber wie jetzt Frau Ebeling sagte, ist, dass die Jüngeren, die jetzt auf den Arbeitsmarkt kommen, weniger Überstunden machen. Das ist schon ein neues Phänomen, was wir haben, das hat es da in der Form so noch nie gegeben. Und vor allem ist das etwas, sie hat es jetzt als mentale Gesundheit bezeichnet, ich bezeichne es tatsächlich umgekehrt, weil ich mit einem Minusgedanken da an die Arbeit gehe. Das heißt, dass ich versuche, möglichst pünktlich zu gehen an der Stelle und dadurch habe ich auch einen anderen Bezug jetzt, die Freizeit wird dadurch jetzt wichtiger und dadurch gehe ich wie mit so einem Minusgedanken an die Arbeit. Das heißt, die Arbeit als solches ist dann nicht mehr im Mittelpunkt, sondern eben alles, was außerhalb oder peripher ist. Und das kann zum Beispiel zu einer mentalen Ungesundheit auch führen. Das ist einfach nur noch als Gedanke dahin. Aber was wir sehen müssen, ist, dass die Gruppen, die jetzt dann eben auf den Arbeitsmarkt kommen oder die bestimmte Dinge jetzt erleben, ja sich eine Welt, die davor war, gar nicht mehr anders vorstellen können. Also die jüngeren Menschen können sich jetzt zum Beispiel ein Leben ohne Smartphone, Social Media und so weiter gar nicht mehr vorstellen. Das war immer ein Teil der Umgebungskomponente und dadurch agieren die auch anders im Netz. Und das sind einfach schon Punkte, die man ernst nehmen muss. Ich weiß noch nicht, ob man die über quantitative Befragungen so überhaupt rauskriegen kann.
SPEAKER_05 – 28:22
Das ist wahrscheinlich schwieriger, da nachzuforschen. An dieser Stelle möchte ich Harald Stief begrüßen, der uns aus der Nähe von Wiesbaden anruft. Schönen guten Morgen, Herr Stief. Guten Morgen. Herr Stief, gehören Sie einer bestimmten Generation an, würden Sie das sagen?
SPEAKER_13 – 28:35
Das habe ich mich immer gefragt und nie begriffen, ehrlich gesagt. Also ich bin 1948 geboren, bin also 75, werde 76 und wenn, dann gehöre ich, ich habe das so definiert, der Hippie-Generation an. Also 68, 69 war meine Zeit. Und ich habe zum Beispiel den Begriff des Babyboomers nie begriffen. Wir waren ja sexuell aufgeklärt schon und konnten verhüten und haben überhaupt kein Problem damit gehabt mit Verhütung. Aber natürlich sexuell sehr aktiv, das war meine Generation sozusagen.
SPEAKER_05 – 29:12
Die berühmten Alt-68er. Dieser Stempel gibt es ja oft.
SPEAKER_13 – 29:17
Als dann der Begriff der Babyboomer aufkam, habe ich das nicht begriffen, weil ich dachte, wieso dann mehr Babys als vorher? Eigentlich muss es doch weniger sein, weil wir wissen, wie man damit umgeht. Ja, sozusagen. Und das hat mich ein bisschen enttäuscht. Auf der anderen Seite, ja, ich war gleichzeitig auch Pazifist. Ich wollte nicht zur Bundeswehr. Irgendwann hat es mich dann halt doch erwischt. Aber wie gesagt, ich bin eher Generation Blumenkind. Sowas gibt es in der Definition heute gar nicht mehr. Und Hippie ist ja dann auch negativ konnotiert worden später. Ja, aber ich habe mich immer so gefühlt. Ich habe auch Musik gemacht. Witzigerweise habe ich viel Musik gemacht in amerikanischen Clubs, also amerikanischen Bases hier in Westdeutschland. Und habe das beibehalten. Während meines ganzen Lebens habe ich nebenbei Musik gemacht.
SPEAKER_05 – 30:10
Gibt es denn da… bestimmte Werte oder wo Sie sagen, okay, ich habe gewisse Hobbys, ich bin in ein bestimmtes Lebensgefühl eingetaucht in einer bestimmten Zeit. Sie sagten, Sie seien Pazifist. Vielleicht haben Sie reagiert auf den Vietnamkrieg und andere Geschichten. Ist das etwas, wo Sie sagen, das teile ich aber mit ganz vielen meines Alters und ich bin da in einer Gruppe, die das ganz ähnlich sieht wie ich? Oder sagen Sie, ich bin ich und hatte meine persönliche Meinung und andere waren wieder ganz anders in meiner Altersgruppe?
SPEAKER_13 – 30:41
Naja, eigentlich… Man muss mit dem Umfeld auch rechnen. Das heißt, in meinem Umfeld war ich nicht alleine. In meinem Umfeld gab es eine ganze Menge Leute, die so dachten wie ich. Ich war kein aktiver Demonstrant zum Beispiel. Obwohl ich natürlich gegen den Vietnamkrieg war, völlig klar. Und ich war gegen alle Formen von Militär damals. Und es gab eine Menge Leute um mich herum, aber die genauso dachten. Das ist richtig. Und mein Berufsleben, das beruht einfach darauf, dass ich immer ein neugieriger Mensch war. Ich wollte immer Physik studieren. Das hat lange gedauert, bis ich es dann endlich konnte.
SPEAKER_13 – 31:24
Also ich war für alles Neues offen. Ich war immer auf Zukunft eingestellt. Und da bin ich heute noch. Also es hat sich überhaupt nichts geändert. Und ich glaube, das sind eine ganze Menge. Auch in meinem Alter, die zum Beispiel an die Zukunft der E-Autos glauben. Oder an diese Space X, diese Raketengeschichte. Ich will nicht unbedingt zum Mars. Aber mir macht das Freude, mitzubekommen, dass sich da was entwickelt. Dass der Forschergeist des Menschen immer noch geblieben ist.
SPEAKER_05 – 31:57
Also Sie würden sich auch als Jahrgang 48er mit 75, 76… Genau. Genau. Da würden Sie sich schon noch definieren als einer, der offen ist und jung geblieben sozusagen. Und sich durchaus auch mit anderen Generationen, wenn man bei diesem Begriff bleibt, austauschen kann.
SPEAKER_13 – 32:20
Ja, absolut. Und zwar nach oben und nach unten.
SPEAKER_05 – 32:23
Wunderbar. Vielen Dank für Ihren Anruf.
SPEAKER_13 – 32:25
Aber Sie könnten mir kurz helfen, nur zu sagen, zu welcher Generation ich bin.
SPEAKER_05 – 32:28
Okay, dann fragen wir unseren Generationenforscher, Herr Maas.
SPEAKER_10 – 32:31
Also diese Zuschreibungen sind ja ein bisschen Schall und Rauch. Wahrscheinlich gehen die zurück auf einen Roman von Douglas Copeland, der Generation X, so eine Buchgeschichte, die er geschrieben hat. Und daraus hat man dann rückwärts betrachtet und vorwärts betrachtet dann immer die Abfolge gemacht. Und der Begriff Babyboomer geht jetzt nicht auf das freie Sexualleben zurück, sondern dass es da tatsächlich aus der Sicht von heute halt einfach am meisten Geburten gab.
SPEAKER_05 – 32:53
Aber das war ja in den 60ern.
SPEAKER_10 – 32:55
Die Geburtenschwemme. Ja, die gingen ungefähr bis 69. Und dann ist die Pille entwickelt worden. Dann gab es den sogenannten Pillenknick. Und dann war eben in der westlichen Welt oder überall dort, wo die Pille dann halt einfach angewendet wurde, ist die Geburtenrate
SPEAKER_05 – 33:07
dann relativ stabil unten. Aber Herr Stief gehört dann nicht zu den Babyboomern?
SPEAKER_10 – 33:11
Oder doch? Ja, sagt er. 1948 geboren. Ja, also deswegen. Also er sieht sich ja selber als Blumenkind sozusagen. Ja, also genau das. Also das wird ja gemacht von 1950 bis 65. Obwohl eben der Boom noch, theoretisch der Babyboom, wenn man jetzt den Begriff mal nehmen würde, bis 69 ging. Also von dem her sehen wir ja, dass das da so nicht ganz
SPEAKER_05 – 33:33
stimmig ist. Also okay, dann heißt es, Herr Stief, Sie können sich ganz Ihre eigene Generation im Namen suchen sozusagen. Gut, vielen Dank.
SPEAKER_13 – 33:40
Was kam denn nach den Babyboomern? Nur mal fragen.
SPEAKER_10 – 33:44
In den populäristischen Einstellungen, da kam dann Generation X, die dann quasi theoretisch genau von 65 oder 66 dann eben bis 79 dann so…
SPEAKER_05 – 33:54
Vielleicht innerlich, genau. Vielleicht verschiedenen Generationen zugehört. Vielen Dank für Ihren Anruf. Frau Ebeling, wenn Sie das jetzt hören, Herr Stief, Jahrgang 48, eine ganz andere Generation als Sie. Und trotzdem, sich doch durchaus als sehr offen definierend. Ist das etwas, was Ihrer Generation auch begegnet oder eher eine Konfrontation mit älteren Generationen und …
SPEAKER_03 – 34:19
Unverständnis? Nein, es gibt natürlich beides. Also ich kenne auch super viele Babyboomer, die total offen und herzlich und ehrlich und auch sehr weltoffen sind, weil sie das schon immer gelebt haben. Und daher ist es natürlich auch in der Hinsicht wichtig, nicht alle Generationen oder beziehungsweise Menschen in einer Generation in einen Top zu schmeißen, und zu sagen, die Babyboomer sind urkonservativ, ist Quatsch. Ich musste gerade so schmunzeln, weil es natürlich noch mal einen ganz großen Unterschied zwischen sexuell aktiv und in der Lage sein, die Antibabypille dann ab 69 zu benutzen und sexuelle Aufklärung. Ich glaube, unserer Gesellschaft fehlt es insgesamt noch an sexueller Aufklärung, sonst wären manche Schulbücher nicht falsch. Aber das ist vielleicht ein Thema für eine andere Sendung. Vielleicht springen wir noch mal ganz kurz zu dem Begriff Familie, um das so ein bisschen greifbar zu machen. Weil Familie, ist ja ein Wert, der eigentlich vielen Menschen unabhängig ihres Alters in unserer Generation sehr, sehr wichtig ist. Und trotzdem leben wir ihn ein bisschen anders. Die Babyboomer-Generation, mein Vater gehört auch der Babyboomer-Generation an, ihm ist Familie auch unendlich wichtig. Aber als er Vater geworden ist, hat er seine Vaterrolle so verstanden, dass er jetzt der Ernährer ist. Dass das Vaterschaft bedeutet. Er musste jetzt die Familie ernähren, die Vierköpfige. Wenn jetzt heutzutage junge Männer Vater werden, damit meine ich jetzt gar nicht nur die Generation Z, sondern auch die Generation Y, dann definieren sie ihre Vaterrolle schon ein bisschen anders und wollen eben auch mehr Fürsorgearbeit übernehmen und nicht nur der Ernährer sein. Und so verändert sich dann das Ausleben unterschiedlicher Werte, in dem Fall eben Familie, einfach durch den Zeitgeist und durch die Veränderung
SPEAKER_05 – 36:01
der Rollenbilder. Also sprich, die Werte bleiben, aber die Prioritäten wechseln sich vielleicht innerhalb dieser Werte? Genau.
SPEAKER_03 – 36:09
Wie wir bestimmte Rollen eben definieren. Die Vaterrolle, die Mutterrolle. Das leben wir ja heute in unserer Gesellschaft in vielerlei Hinsicht ganz anders als noch vor 30 Jahren. Auch weil wir andere Möglichkeiten haben. Es ist ja auch erst seit 2007 möglich, für Väter in Elternzeit zu gehen.
SPEAKER_05 – 36:28
Ja, jetzt an dieser Stelle Herr Klarholz aus Heidelberg ist in der Leitung. Den möchte ich ganz herzlich begrüßen. Schönen guten Tag, Herr Klarholz.
SPEAKER_08 – 36:36
Ja, hallo, ich grüße Sie.
SPEAKER_05 – 36:38
Herr Klarholz, wie beurteilen Sie die Generationsdiskussion und sind Sie selber Teil einer Generation oder sagen Sie, das Etikett, was mir verpasst wird, das stimmt nicht oder passt genau?
SPEAKER_08 – 36:50
Also ich bin klassischer Babyboomer, Jahrgang 64 und wollte zur Diskussion einfach nur beitragen, dass ich dem Experten, der vorhin die Studien aufgezählt hat zu dem Thema, es gibt gar keine Unterschiede zwischen den Generationen, ich kann dem nur 100 Prozent zustimmen. Ich bin selber in der Burnoutprävention tätig, aber arbeite also mit Menschen ganz vieler Generationen. Meine Meinung ist, die Unterschiede zwischen den Menschen sind um so vieles größer als die Unterschiede zwischen den Generationen, dass man das aus meiner Sicht vernachlässigen kann. Was ich einen ganz wichtigen Gedanken finde, ist, dass die scheinbaren Unterschiede zwischen den Generationen möglicherweise einfach auf Lernen basieren. Das heißt, wir lernen dazu. Und sozusagen, es ist ein Bewusstwerdungsprozess. Ich nehme jetzt mal nur ein Beispiel. Ich war in der Schule, ich bin jetzt nicht gerade homophil erzogen worden, also keine schwulenfreundliche Einstellung und habe aber durch zwei Jahre in einer schwulen WG selber erleben dürfen, wie meine eigene Einstellung sich geändert hat, egal wie meine Erziehung war, sodass ich heute mich als, ich sage mal jetzt, ich bin hetero, aber eher schwulenfreundlich oder sehr schwulenfreundlich aufgrund von Bewusstwerdungs- und Lernprozessen. Und ich glaube, dass das ist ein wichtiger Punkt, der ist wichtiger aus meiner Sicht als Generationenunterschiede.
SPEAKER_05 – 38:12
Ja, sehr spannend, das zu hören und auch zu sehen, dass natürlich die Meinungen auseinandergehen, auch wenn man einer großen Baby-Boomer-Generation angehört. Genau, so ist das. Ich finde das nochmal spannend, diesen Begriff der Burnout-Prävention, die Sie ja gerade mit, das ist ja auch Ihr Berufsfeld offenbar, und das möchte ich gerne an Frau Ebeling, die noch bis 11 Uhr bei uns hier zu Gast sein kann, mit reinbringen. Also das ist ja auch vielleicht eine Reaktion. Man will sich in Ihrer Generation, Frau Ebeling, nicht so aufreiben und ja, wenn man sieht, die Baby-Boomer, die alle oder ein Teil davon durchaus Burnout-gefährdet sind und deswegen ziehen wir von vornherein schon ein bisschen die Handbremse und versuchen anders ins Arbeitsleben zu gehen. Deswegen versuchen Sie ja auch Unternehmen zu beraten. Wie kann man mit dieser Generation umgehen, die vielleicht nicht mehr 1000 Überstunden macht?
SPEAKER_03 – 39:05
Ich glaube, generell müssen wir uns auf dem Arbeitsmarkt bewusst werden, dass eben sehr viele Menschen in Rente gehen werden und die Generation Z oder die übrig gebliebenen, die auf dem Arbeitsmarkt übrig bleiben, die können es alleine nicht auffangen. Das heißt, das können wir nicht schaffen, beziehungsweise wenn wir den Wohlstand halten wollen, dann müssen wir an andere Hebel ran, beziehungsweise müssen wir auch mehr Vereinbarkeit zum Beispiel schaffen, um Frauen, ich habe es vorhin gesagt, Mutterrolle, die die Mutterrolle anders definieren wollen zum Beispiel und Vätern mehr Vereinbarkeit zu ermöglichen. Das sind solche Dinge, an die wir glaube ich ran müssen. Stichwort mentale Gesundheit. Da ist es glaube ich schon durchaus so, dass wir viele Learnings gezogen haben in der Zeit, als wir unsere Eltern auf dem Arbeitsmarkt beobachtet haben. Es wurde ja vorhin schon gesagt, die ältere Generation hatte keine andere Wahl. Die musste teilweise die Zähne zusammenbeißen und durchziehen und darunter haben sowohl die Psyche als auch die persönlichen Beziehungen gelitten. Und natürlich sagt die junge Generation, sagen Kinder dieser Menschen, die das am eigenen Leib erlebt haben, dass sie das anders machen möchten.
SPEAKER_05 – 40:15
Also auch wieder ein Lernen sozusagen, wie unser Hörer Herr Klarholz ja auch gerade gesagt hat, dass man darauf reagiert. Wir reagieren offenbar auf andere Generationen oder auf andere, selbst wenn man den Begriff nicht nimmt, auf die Eltern oder auf die Großeltern und stellt vielleicht Lebensmodelle in Frage und hat andere Werte oder auch andere Prioritäten. Wie ist es aber jetzt, ich habe den Eindruck, es wird ja ganz bewusst diese Generation, der Sie angehören, dass es vielleicht auch das Neue ist, die ja umworben wird auf dem Arbeitsmarkt. Also es gibt eine ganz andere Herangehensweise als vielleicht die Baby-Boomer-Generation, die da mehr die Ellbogen ausgefahren hat und um die Arbeitsplätze kämpfen müssen. Warum ist es jetzt so, dass Sie angefragt werden als Unternehmensberaterin, wie geht man um mit dieser Generation? Wie kann man ein gutes Umfeld schaffen, dass die verschiedenen Generationen in einem Unternehmen gut zusammenarbeiten können?
SPEAKER_03 – 41:05
Ja, das sind jetzt sehr viele Fragen in einer. Ich glaube, es ist erstmal wichtig zu sagen, dass es jetzt das erste Mal für die Unternehmen ist, dass sie sich wirklich mit der jungen Lebensrealität auseinandersetzen müssen. Das mussten sie vorher nicht, weil die Praktis und die Azubis und die Dualis haben Schlange gestanden und mittlerweile ist es eben anders. Das heißt, sie müssen sich zum ersten Mal damit beschäftigen, was bewegt junge Menschen denn so in ihrem Alltag? Wie sieht ihre finanzielle Lebensrealität aus, wenn sie von der Uni kommen oder wenn sie ihre Schule abgeschlossen haben? Wie viele machen davon heutzutage überhaupt noch einen Führerschein, wenn ich zum Beispiel ein Betrieb bin, der auf Mobilität angewiesen ist? Solche Dinge, das sind Fragen, die mussten sich Betriebe vorher nicht stellen, weil sie sich eben die Leute aussuchen konnten. Und das überfordert viele Betriebe und da komme ich dann eben ins Spiel und versuche einfach so ein bisschen die Übersetzerin zu sein. Also wir machen mit Team of Tomorrow, so heißt ja mein Unternehmen, auch Berufsorientierungsprojekte an Schulen und versuchen Schülerinnen und Schüler mit regionalen Unternehmen zu vernetzen, um eben Berufsbilder greifbar zu machen. Und so versuche ich dann eben die Dinge, die mir junge Menschen eben erzählen, in die Unternehmen zu tragen und da die Übersetzerin zu spielen. So ist es.
SPEAKER_05 – 42:23
Das heißt, sie werden durchaus angefragt, weil viele Unternehmen nicht mehr weiter wissen, wie sie diese Generation ansprechen
SPEAKER_03 – 42:29
sollen? Ja und schon, weil viele Unternehmen auch gar nicht wissen, wie sie für sie sichtbar werden können. Das ist nämlich eigentlich der erste Schritt, dass zum Beispiel handwerkliche Betriebe den Platzen, die Auftragsbücher, die haben überhaupt gar keine Probleme Aufträge zu bekommen, aber die haben Probleme Mitarbeitende zu bekommen. Ein guter Handwerksbetrieb muss nicht auf Social Media sichtbar sein, der wird auch so gebucht. Er muss aber auf Social Media sichtbar sein, um seine, um junge Mitarbeitende zu werden, damit die diesen Beruf und diesen Betrieb in ihrer Region überhaupt wahrnehmen. Weil alles, was für uns nicht auf Social Media stattfindet, findet de facto für uns auch in der realen Welt häufig gar nicht statt. Und so laufen wir quasi manchmal auf dem Arbeitsmarkt aneinander vorbei und da müssen ja Kontaktpunkte geknüpft werden, dass sich diese verschiedenen Gruppen überhaupt erstmal wahrnehmen und dann eben im zweiten Schritt Erwartungsmanagement betreiben können. Sprich, was erwarten Schülerinnen und Schüler zum Beispiel von ihren perspektivischen Arbeitgebern und Arbeitgeberinnen und was erwarten
SPEAKER_05 – 43:37
die Betriebe? Gehen die Erwartungen sehr auseinander?
SPEAKER_03 – 43:40
Ne, in vielerlei Hinsicht eigentlich nicht. Also beide Seiten sagen, dass das Miteinander wichtig ist. Das ist eigentlich das, was ich sehr, sehr häufig höre. Aber die Frage ist, wie gestalten wir das und wie kommunizieren wir auch miteinander? Gerade im digitalen Bereich kommt es in Betrieben häufig zu Konflikten. Da wird dann etwas ja irgendwie krumm genommen oder nicht so gut aufgenommen, weil jemand, die andere Person im Team und vielleicht einer anderen Altersgruppe zugehört, einfach falsch verstanden hat. Um da mal so ein ganz konkretes und vielleicht auch etwas absurdes Beispiel zu nennen. Die älteste Kollegin bei uns im Team ist 60 Jahre alt, also ist auch eine klassische Baby-Boomerin und sie hat immer Zwinker-Smiley benutzt. Also nicht diese Zwinker-Emojis im Chat, sondern Zwinker-Smileys. Dieses Ding mit der Klammer und so. Und auf mich, die ja diese ganze Palette an Emojis zu Tage hat, wirkt dieser Zwinker-Smiley mit der Klammer einfach nur total absurd. So von oben herab und nicht nett, so Mäuschen, ich erkläre jetzt mal die Welt. Und dann habe ich sie gefragt, sag mal, warum benutzt du eigentlich immer diesen Zwinker-Smiley? Und sie sagt halt, ja, den habe ich schon immer benutzt. Der ist doch total nett gemeint. So. Und so reden wir dann eben manchmal aneinander vorbei, nehmen Dinge anders auf und da muss man dann so ein bisschen nachschärfen. Und das kann man von Zwinker-Smiley rüber zu GIFs transportieren. Das sind klassische Kommunikationsprobleme, die in vielen Betrieben und Unternehmen einfach auftauchen. Und da versuche ich dann zu vermitteln. Okay, das heißt, es gibt aber wie vielleicht schon bei jeder Generation bestimmte sprachliche Codes, Emojis, ja war es auch, wo man sagt, das hat es immer gegeben, oder? Dass man die Sprache der Jugend vielleicht nicht mehr so verstanden hat oder die Emojis von jüngeren Menschen. Genau,
SPEAKER_10 – 45:34
Das ist ja auch eine Form von Abgrenzung. Auch eine Abgrenzung zu den Eltern. Wir hatten tatsächlich in unseren Studien eigentlich eher das Gegenteil herausgefunden, dass junge Leute eher in der analogen Welt angesprochen werden wollen. Vor allem in der Ausbildung, in Handwerk, weil sie sagen, ich möchte den Ausbilder sehen, ich möchte mit dem aus dem dritten Lehrjahr sprechen. In Social Media geht das einfach mehr oder weniger unter, da jetzt zu werben. Wenn ich 90 Minuten, das ist der Durchschnitt, was Jugendliche heute auf TikTok 20 Sekunden Videos anschauen, wie müsste das 20 Sekunden Video sein, damit mir das noch im Gedächtnis bleibt?
SPEAKER_X – 46:07
Also auch da wieder ganz unterschiedliche Ansprüche. Ja, beziehungsweise auch da würde ich tatsächlich sagen, ich muss den Betrieb ja erstmal wahrnehmen und kennen und dann möchte ich eben mit dem Ausbildungsbetrieb in den Kontakt kommen. Und dann ist es zum Beispiel super, wenn zum Beispiel der Ausbildungsbetrieb ermöglicht, dass wenn wir ein Vorstellungsgespräch haben, ich dann noch ein weiteres Gespräch mit dem Azubi aus dem dritten Lehrjahr haben kann.
SPEAKER_05 – 46:29
Vielen Dank, das war die erste Runde. Die zweite Runde in unserer Lebenszeit zum Thema, ob Baby Boomer oder Gen Z, hat jede Generation ihre eigenen Werte.
SPEAKER_12 – 46:39
Deutschlandfunk Lebenszeit
SPEAKER_07 – 46:43
junge Generation macht es sich zu bequem, ja. Die will eine Vier-Tage-Woche mit gelegentlichen Brückentagen und noch Brückentage zwischen den Brückentagen, soll es auch geben. Koch werden, nein, früh aufstehen geht ja gar nicht. Jeder Koch will heutzutage zeitlich flexibel sein. Die Kommunikation ist gestört zwischen den Generationen, also zwischen den Boomern und Gen Z, also Generation Z. Wäre ich Generation Z, ich würde überhaupt gar nichts mehr machen. Ich meine, nach Jahren deutlichen Reallohnverlustes sind junge Menschen mit der Perspektive auf multiple Katastrophen, Verarmung und gesellschaftliche Spaltung demotiviert, sich ausbeuten zu lassen. Das kommt für viele Ältere offenbar wirklich überraschend.
SPEAKER_05 – 47:27
Ja, soweit ein Ausschnitt aus dem Satire-Magazin extra 3 mit Christian Ehring. Und damit steigen wir ein in den dritten und letzten Teil unserer heutigen Ausgabe der Lebenszeit mit Dörte Hinrichs am Mikrofon. Noch bis 11.30 diskutieren wir zum Thema, ob Baby Boomer oder Generation Z hat jede Generation ihre eigenen Werte. Und wir haben schon einiges diskutiert, dass dieser Begriff Generation durchaus kontrovers diskutiert wird. Dass man sagt, vielleicht gibt es gar keine Unterschiede. Jeder macht doch ganz individuelle Erfahrungen. Vielleicht gibt es aber auch doch Gemeinsamkeiten, gemeinsame Werte. Und wir diskutieren weiter mit Martin Schröder, Professor für Soziologie an der Universität des Saarlandes und mit Rüdiger Maas, Psychologe am Institut für Generationenforschung in Augsburg. Und Sie können weiterhin anrufen. Sie können uns Ihre Meinung mitteilen zu den Generationen unter 0080044644464 oder aber eine E-Mail schreiben an lebenszeit@deutschlandfunk.de. Und wir haben einige E-Mails bekommen, die sich zum Beispiel damit beschäftigen, dass sie sagen, dass die Generationeneinteilung total anstrengend sei und unlogisch. Das sagt Franziska Fuchs zum Beispiel. Und das kann doch eigentlich weg. Man sollte eher von Zeiten, von einem Jahrzehnt oder Jahrzehnten sprechen und dann in der Gesellschaft. Das ist eine gewisse Prägung, gibt durch Umschwünge, Veränderungen jeglicher Art. Aber die Altersgruppe innerhalb dieses Erlebens sei doch total gemischt. Herr Schröder, sollten wir uns verabschieden von diesem Generationenbegriff?
SPEAKER_14 – 48:51
Ja, das wäre gut.
SPEAKER_05 – 48:54
Weil?
SPEAKER_14 – 48:55
Also, die Beobachtung, dass man sagt, junge Menschen sind ja heute anders als früher, die ist messbar nicht falsch. Die liegt aber daran, dass alle heute anders sind als früher und junge Menschen schon immer anders waren als alte Menschen. Und wir verwechseln das aber immer damit, dass es eine Generation ist. Vielleicht ein menschlicher Fehler, aber trotzdem ein Fehler.
SPEAKER_05 – 49:18
Aber komischerweise ist es ja in den letzten, ich weiß gar nicht, wann ist es aufgekommen, dass man so viel über Generationen debattiert? Das war früher gar kein Thema.
SPEAKER_10 – 49:26
Also wahrscheinlich vor 5, 6 Jahren erst, so richtig intensiv.
SPEAKER_05 – 49:30
Wie erklären Sie sich das, Herr Maas?
SPEAKER_10 – 49:33
Der Begriff, das wurde immer mehr akzeptiert, das kam immer mehr auch durch die Medien, wurde es immer stärker aufgegriffen und das war eine starke Vereinfachung auch von bestimmten Dingen. Und jetzt sieht man das ja fast, wenn man die Zeitung jeden Tag aufschreibt, Generation Z ist so, dann ist sie so. Auch ganz interessanterweise auch innerhalb der gleichen Zeitung auch Widersprüchlichkeiten. Also heute sind sie flexibel, morgen sind sie unflexibel. Das scheint irgendwie einen gar nicht mehr so zu stören und so scheint es auch dann etablierter zu werden.
SPEAKER_05 – 50:01
Haben wir ein Bedürfnis nach gewissen Schubladen, nach Stereotypisierung? Ist das etwas, wo ich eine Identität habe, dass ich Teil einer Generation bin oder ist es möglicherweise auch diskriminierend, Herr Schröder?
SPEAKER_14 – 50:13
Genau, also das ist glaube ich wirklich der wichtige Punkt. Nennen wir es mal Generationismus. Und ich nenne das extra so, weil es eigentlich auf denselben Mechanismen beruht und auch genauso verführerisch ist und auch genauso schlimm ist wie, sagen wir mal, Sexismus oder Rassismus. Warum? Unser Gehirn liebt es, Individuen in Schubladen zu stecken und zu klassifizieren. Und da kann man uns auch gar keinen Vorwurf machen, weil es gibt acht Millionen Menschen auf der Welt, ist sehr kompliziert. Zu sagen, es gibt Männer und Frauen, Franzosen und Deutsche macht die Welt sehr viel einfacher. Jetzt sind uns aber viele dieser Diskriminierungskategorien zum Glück abhanden gekommen. Also wenn ich jetzt sagen würde, schwarze Menschen wollen nicht arbeiten, Frauen wollen nicht arbeiten. Zum Glück haben wir alle gemerkt, dass das keine gute Idee ist. Unser Gehirn will das aber trotzdem machen, weil es die Welt vereinfacht. Und zu sagen, die und die Generation ist faul, hat zwar genauso wenig mit Daten zu tun, wie zu sagen, Frauen sind faul oder irgendeine andere Gruppe mit einem angeborenen Merkmal ist faul, aber wir haben einfach noch nicht genug drüber nachgedacht, dass es genauso Klassifizierung, Stereotypisierung und Diskriminierung bedeutet, wie wenn wir es aufgrund von Religion, Sexualität oder Hautfarbe machen würden. Das ist verführerisch, aber gefährlich und empirisch falsch.
SPEAKER_05 – 51:35
Herr Maas, Widerspruch?
SPEAKER_10 – 51:37
Rassismus finde ich zu extrem in der Sicht, weil es eben auch in beide Richtungen geht. Ich würde eher diese klassischen Einteilungen, Generation X, Y und Z eher als Sternzeichen sehen. Ja, wie Sternzeichen. Genau, wie sternzeichenartig und dann, die werden ja auch als Ausrede genutzt. Ich bin halt so, weil ich bin Generation X, ich kann nichts dafür. Das wird in beiden Richtungen, das wird jetzt beim Rassismus eher weniger in dem Fall gemacht an der Stelle. Aber natürlich, man muss es extrem kritisch sehen, vor allem eben diese Einteilung.
SPEAKER_05 – 52:05
Aber nichtsdestotrotz kann man ja gucken, gibt es vielleicht andere Ereignisse, wo ich sage, das hat mich viel stärker geprägt. Eine Kriegsgeneration zum Beispiel, wenn ich einen Krieg erlebt habe, wenn ich, wir haben andere, die Pandemie haben wir erlebt, sind das Erfahrungen, die nachhaltig sind? Oder auch eine Hörerin schreibt, wie sieht es aus, wir haben ja auch Ost-West ganz unterschiedliche Erfahrungen gemacht, was ist den Mauerbau, die Wände, die Entwertung der eigenen Biografie, sind das nicht viel mehr Erfahrungen, die vielleicht doch eine gewisse Generation oder Gruppe prägen?
SPEAKER_10 – 52:38
Ja, aber die bleiben ja nicht statisch. Das heißt, die Wiedervereinigung ist ja dann auch irgendwann mal abgeschlossen, es gibt Interaktionseffekte, und da haben wir wieder diese individuelle Ausprägung und die Anpassung an die Umgebung. Also es ist ja nie ein statisches Konstrukt, das ist genau das, was wir auch kritisch sehen an diesen Generationen-Einteilungen, dass das viel zu statisch gesehen wird und eben nicht dynamisch. Wir müssen da einfach ein ganz anderes Gedankenspiel da dran setzen.
SPEAKER_14 – 53:03
Genau, also die Antwort auf Ihre Frage ist ja, sowas wie der Mauerfall prägt Menschen oder so, aber, und das ist wieder der wichtige Punkt, als Periodeneffekt, nicht als Generationeneffekt, was heißt das? Wir alle, egal zu welcher Generation wir gehören, ändern unsere Einstellungen, vielleicht durch den Mauerfall, besonders für Ostdeutsche zutreffend, vielleicht auch durch Corona, aber nein, es ist nicht so, dass bestimmte Leute, die zu einer bestimmten Zeit geboren wurden, aufgrund dieser Ereignisse ihre Einstellungen ändern, sondern alle Gesellschaftsmitglieder ändern dadurch ihre Einstellungen. Und das ist übrigens eigentlich eine schöne Nachricht, weil wir ja lieber in einer Gesellschaft leben wollen, nehme ich mal stark an, wo wir sozusagen alle flexibel in unserem Denken und auch gemeinsam auf das reagieren können, was passiert und unsere Einstellungen anpassen, als dass wir sozusagen bestimmte Leute haben, die zu bestimmten Zeiten geboren wurden, die sozusagen unversöhnlich mit ganz anderen Einstellungen und für immer allen anderen gegenüberstehen.
SPEAKER_10 – 54:07
Also alle ist vielleicht zu viel, sondern die, die es in dem Fall auch mit disaffiziert hat, also nicht alle, alle. Also ich kenne kein Ereignis, wo 80 Millionen Menschen alle davon jetzt gleichzeitig mitgeprägt werden oder im Periodeneffekt so mitmachen
SPEAKER_05 – 54:21
oder mitnehmen. Weil die Betroffenheit auch unterschiedlich für die stark ist, zum Beispiel regional oder auch…
SPEAKER_10 – 54:26
Es gibt ja immer noch auch Leute in Ostdeutschland, die sehr stark an der Vergangenheit hängen und sich gar nicht anpassen wollen. Die gibt es ja, es gibt ja alles, also das ist dann doch bunter.
SPEAKER_05 – 54:35
Jetzt möchte ich Frau Schindler aus dem Erzgebirge in die Diskussion einbeziehen. Schönen guten Tag, Frau Schindler. Hallo, kann man mich gut hören? Wir können Sie gut hören und vielleicht passt das auch gerade, was Sie sagten, was wir sagten, dass natürlich auch eine Generation ist, die die Wende miterlebt hat. Ich weiß nicht, wie alt Sie sind, wo Sie auch sagen, das ist vielleicht prägender als vielleicht andere Ereignisse. Würden Sie da zustimmen?
SPEAKER_04 – 54:56
Dem würde ich zustimmen. Erstmal ja, ganz konkret zur Einordnung. Ich gehöre zur Generation Z. Ich bin 1999 geboren und möchte gern noch einmal die These oder ja, mittlerweile ja auch bestätigte These, wissenschaftlich unterstrichene These, wie Sie bereits vielfältig gesagt haben oder erklärt haben, unterstreichen, dass der Generationenbegriff Quatsch ist. Und zwar auch innerhalb von einer Generation. Ich habe nach meinem Studium gemerkt, dass die Leute, die zu Hause sind, zu denen ich zurückgezogen bin, also meine Freunde hier, ja, ein ganz anderes Denken über Dinge wie immer online, ungeduldig, fordernd, gesundheits- und umweltbewusst, klimaschützend haben, als das in der Großstadt und in dem Umkreis von Studierenden der Fall war. Also ich würde auch sagen, dass es so diese typischen Charaktereigenschaften oder Themen, die man aller Generationen zuschreibt, nicht gibt. Also man kann da keine breite Masse feststellen. Deswegen wäre vielleicht ein Bubblebegriff, also ein Blasenbegriff viel sinnvoller. Da muss man sich natürlich fragen, inwiefern man das überhaupt untersuchen kann, ob es da nicht unendlich viele Bubbles gäbe, also Blasen, wo eben bestimmte Eigenschaften, Interessen und Lebensmodelle übereinstimmen. Ja, also ich halte das für viel sinnvoller und finde es auch einbeziehungswert, wie Sie das eben gesagt haben, Ereignisse zu betrachten, wie den Mauerfall oder den Mauerbau.
SPEAKER_05 – 56:50
Genau. Dass also das prägende Momente sind. Ich glaube, Herr Schröder möchte darauf reagieren.
SPEAKER_14 – 56:57
Genau, also Ihre Intuition ist da ganz richtig. Das kann man nämlich mit sogenannten Multilevel-Modellen auch ausrechnen. Und dabei sieht man, es gibt soziologische Kategorien, die haben Erklärungskraft. Ob ich in der Großstadt wohne oder auf dem Land, erklärt statistisch viel. Ob meine Bildung hoch ist oder niedrig, erklärt viel. Ob ich in Ost- oder West wohne, erklärt viel. Aber die Kategorie, wann wurde ich geboren, mal als Beispiel. Wenn ich das anwende auf, wie motiviert bin ich zu arbeiten, dann liegen, und das war ja auch das Argument vom Anrufer, 81% der Varianz, sagt man, meiner Arbeitsmotivation ist zwischen Individuen. Nochmal 10% liegt an meinem Alter. Nochmal 7% liegt daran, in welchem Land ich wohne. Aber statistisch gesehen, 0,1% meiner Arbeitsmotivation erklärt sich durch meine Generationenzugehörigkeit. Das heißt, wir können objektiv messen, ich kann Arbeitsmotivation nicht durch die generationelle Empirischkeit erklären. Ich könnte sie aber wahrscheinlich erklären. Mit meiner Bildung, wo ich wohne, ja, das funktioniert. Also, es gibt Kategorien, die funktionieren, aber Generation gehört messbar, zumindest nach allen guten empirischen Untersuchungen, die wir kennen, nicht dazu.
SPEAKER_04 – 58:17
Ja, Frau Schindler? Ja, entschuldigen Sie, genau das kann ich eben, wie bereits deutlich wurde, in der Praxis erfahren. Also gerade, indem ich mich zwischen unterschiedlichen Welten bewege, genau. Ja, also das ist nicht nur eine Theorie, sondern auch Praxis.
SPEAKER_05 – 58:35
Also Praxis ist auch, dass Sie mit Gleichaltrigen ganz viele Unterschiede feststellen und vielleicht mit Vertretern anderer Generationen, Eltern, Großeltern, Gemeinsamkeiten, Werte, die Sie aufgrund anderer Umstände teilen?
SPEAKER_04 – 58:50
Ganz genau, vor allem beziehe ich mich da auf, ja, meine eigene Generation, ja.
SPEAKER_05 – 58:55
Also doch wieder Generation.
SPEAKER_04 – 58:58
Ja, also das, was man unter Generation Z versteht. Also es ist schon so, dass sich der Generationsbegriff nicht anwenden lässt. Also es gibt diese Generation nicht, weil ich bemerke, dass das, was die Generation wäre, diese Eigenschaften nicht geteilt werden. Das heißt, die Zuschreibungen,
SPEAKER_05 – 59:16
die man der Generation Z macht, sind für Sie auch nicht nachvollziehbar? Ganz genau. Bubble war ein Vorschlag, andere Sachen vielleicht in den Griff zu nehmen, aber wenn Sie das jetzt sagen, Frau Schindler, würden Sie trotzdem sagen, irgendwie ist das so ein Hilfskonstrukt? Irgendwo gibt es ein Bedürfnis, sich zuzuordnen und einer, auch vielleicht eine Identität, dass ich zu einer Generation XYZ gehöre?
SPEAKER_04 – 59:41
Ja, ich bin schon der Meinung, da Eigenschaften ja auch als positiv und als negativ bewertet werden. Und in dem Moment, wo ich selber eine Eigenschaft als negativ bewerte, möchte ich mich ja von dieser abgrenzen und möchte mich ja eher mit Personen umgeben, die das, was ich als negativ bewerte, auch negativ bewerten oder was ich als positiv bewerte, auch positiv bewerten. Also da besteht schon ein Bedürfnis, sich abzugrenzen und sich zusammengehörig zu fühlen, auf jeden Fall. Und dadurch finde ich, ohne da Studien groß gelesen zu haben, das so erklärbar.
SPEAKER_05 – 60:22
Weil wir auch das Stichwort ja haben Werte in unserer Diskussion, gibt es bestimmte Werte, wo Sie sagen, die sind Ihnen wichtig und möglicherweise auch anderen jungen Menschen, die vielleicht in diesen klassischen Stereotypen nicht auftauchen?
SPEAKER_04 – 60:35
Oh, das ist eine gute Frage, über die ich länger nachdenken müsste. Da kann ich Ihnen jetzt so gar keine Antwort geben.
SPEAKER_05 – 60:41
Ja, das tut mir sehr leid. Aber Sie haben ja schon einen wichtigen Impuls gemacht, Frau Schindler. Ich danke Ihnen ganz herzlich für Ihren Anruf aus dem Erzgebirge. Und ich möchte noch eine Mail zitieren von Herrn Benkendorf. Er schreibt, er hat drei Töchter, die zwischen 1994 und 2000 geboren wurden. Also Millennials und Generation Z sozusagen. Die Bereitschaft, die Arbeit in den Lebensmittelpunkt zu stellen, ist in dieser Generation deutlich geringer. Das hängt allerdings auch mit der Veränderung des Arbeitsmarktes, zusammenschreibt er. Die jüngere Generation hat weniger Interesse daran, ihr Lebensglück über die Arbeit zu definieren. Ständig über den Generationen wandeln zu meckern, verfehlt die eigentliche Thematik. Herr Maas, Sie nicken.
SPEAKER_10 – 61:24
Ja, genau, so ist das Thema. Wir sorgen ja dafür, dass der Arbeitsmarkt doch so wird. Also wenn ich jetzt eine Vier-Tage-Woche anbiete als Unternehmer und da kommt ein Junge und nimmt die herzlich gern an, kann ich nicht sagen, der ist faul, der arbeitet nur vier Tage. Also das Ganze ist ja nie losgelöst voneinander.
SPEAKER_05 – 61:38
Das heißt aber auch, es gibt vielleicht ein, Frau Ebeling hat das ja auch schon gesagt, sie versteht sich als Übersetzerin zwischen den Generationen. Es gibt schon auch einen Bedarf, eine Kluft, ob es nun die Generationen sind, ob es die verschiedenen Mitarbeiter einer Firma sind, die unterschiedlichen Alters sind.
SPEAKER_10 – 61:55
Also das mit den Übersetzern finde ich ganz spannend, weil die Jüngeren sind ja nicht losgelöst. Die kommen ja nicht aus einem anderen Kulturkreis hier an und müssen plötzlich mit älteren Menschen sprechen, die arbeiten. Die haben ja auch Eltern, die haben ja auch Lehrer, Dozenten und so weiter. Das ist eher eine Bequemlichkeit. Und da müsste man mal recht ansetzen und zu sagen, also wenn ich wo arbeiten möchte, ich unterschreibe einen Vertrag, wo ich auch acht Stunden eine Arbeitsleistung abgebe, wenn ich jetzt einen Übersetzer brauche, Motivatoren und so weiter, dann verstärke ich ja eigentlich nur das eigentliche Problem.
SPEAKER_05 – 62:23
Guten Tag Herr Haberland, der uns aus Altenholz anruft. Schönen guten Tag Herr Haberland.
SPEAKER_06 – 62:27
Ja, guten Tag. Mein Name ist Jan Haberland. Ich bin 75 geboren, also gehöre jetzt so genannt zur Generation X. Ja, ich habe mich mit diesem Generationen-Thema seit einiger Zeit mal etwas mehr befasst. Das wird ja inzwischen so, jedes 15 Jahre werden ja an eine neue Generation eingeordnet. Und ich muss sagen, durch meine Tätigkeit bei der Stadt Kiel, ich bin da Landschaftsgärtner, habe da gelernt und arbeite jetzt auch noch in der Abteilung, da habe ich sehr viele junge Menschen auch kennengelernt über diese fast 30 Jahre, die ich jetzt dort bin. Und da warten so viele unterschiedliche Ansichten und so, also wirklich fleißig. Auch manche natürlich, die da nicht so motiviert waren. Und ich muss ehrlich sagen, ich tue mich da wirklich schwer, jetzt diesen nachfolgenden Generationen bestimmte Eigenschaften zuzuordnen. Ich sage mal, was man sicherlich sagen kann, es ist immer wichtiger geworden, das Internet, diese Social Media, das ist eine Sache, mit der ich selbst gar nichts anfange. Ich kann, ich kommuniziere auch grundsätzlich nicht über Social Media, also ich mache nur analoge Kommunikation, das ist mir also auch sehr wichtig. Und ja, ich muss ehrlich sagen, also ich habe eigentlich zu allen Generationen, auch zu Älteren, Jüngeren, gute Kontakte. Man ist natürlich, man hat immer mal unterschiedliche Ansichten und es gibt auch in jeder Generation Leute, mit denen man überhaupt nicht zusammenkommt. Ich sage mal, ich war auch lange in der ökologischen Bewegung im Bund für Umwelt, Land, Naturschutz, Deutschland tätig. Wir hatten natürlich damals noch ganz andere Ideen und Ansichten, wie heute vielleicht Fridays for Future und so. Deswegen kann man da sicher schon die Ausgangslage war ja auch eine ganz andere. Die Wende habe ich miterlebt. Das war natürlich damals auch ein großes Thema, obwohl das vielleicht auch viele in meiner Generation gar nicht damals so bewegt hat, wie es mich bewegt hatte. Also ich denke immer, man kann diese Einteilung machen, aber es ist, jetzt bestimmte Eigenschaften zuzudichten, das ist schon schwierig. Und ich sage mal, das wollen jetzt ja auch nicht alle in der heutigen Generation nur vier Tage arbeiten. In manchen Unternehmen ist das vielleicht sinnvoll, in anderen geht es einfach gar nicht. Ja, das wäre so mein Beitrag zu dem Thema.
SPEAKER_05 – 64:33
Ja, also Sie sagen so, diese Pauschalisierungen, die stimmen nicht und Sie als Ausbilder machen ganz unterschiedliche
SPEAKER_06 – 64:39
Erfahrungen. Wenn man… Also ich muss sagen, ich bin Geselle, also ich bin jetzt kein Ausbildungsmeister, Ausbilder in dem Sinne nicht. Ich arbeite halt in diesem Betrieb und habe immer mit Auszubildenden zu tun und wir haben da auch eine gute Anzahl. Es wird auch schon schwieriger, auch welche zu finden. Das merken wir natürlich auch, ja.
SPEAKER_05 – 64:57
Das heißt, man muss schon anders auf die jungen Menschen zugehen und…
SPEAKER_06 – 65:01
Ja, genau. Das denke ich schon und das geht wahrscheinlich auch nicht ohne diese Social Media, obwohl ich bin dem Ganzen eher skeptisch gegenüber, weil da ja auch viel Mist mitgemacht wird, worauf ich jetzt glaube ich nicht näher drauf eingehen.
SPEAKER_05 – 65:15
Ja, aber das ist vielleicht nochmal ganz spannend zu sehen, dass dann in die Betriebe ja auch ein anderes Klima kommt oder vielleicht auch eine gegenseitige Bereicherung, also dass man auch voneinander lernt, dass man… Wertschätzung ist so ein Stichwort, was ganz viele sagen, wir möchten Wertschätzung, das möchten aber ja eigentlich auch alle Generationen.
SPEAKER_06 – 65:31
Richtig. Ja, das wird auch in unserem, also zumindest in unserer Abteilung sehr gelebt, da schätzt jeder jeden Wert. Das ist so, das glaube ich, kann ich so sagen, ja.
SPEAKER_05 – 65:42
Und das ist unabhängig, da sehen Sie nicht große Unterschiede, wo Wertschätzung für die einen anfängt und für die anderen?
SPEAKER_06 – 65:50
Jeder wird in seinen Fähigkeiten gesehen und dann ist das auch versucht, man voneinander zu lernen. Klar, es gibt auch vielleicht mal Leute, die passen nicht ins Team rein, dann muss man sich auch mal trennen, das ist ja aber auch ganz normal.
SPEAKER_10 – 66:04
Aber interessant, Sie sagen ja, Sie schätzen die analoge Kommunikation und wissen, dass die Jüngeren eher in der digitalen Kommunikation verhaftet sind. Und wenn Sie dort eine Trennlinie sehen zwischen analog geprägten Kohorten oder Generationen und digital geprägten,
SPEAKER_06 – 66:16
würden Sie… Also ich denke, es ist… Ich finde es einfach immer besser, wenn man sich direkt mit jemandem austauscht, als wenn man jetzt über WhatsApp oder sonst was man das hat. Das hat sicher auch seine Vorteile, wenn man sich schnell mal verabreden will, ist alles klar. Aber ich finde es immer noch eine Diskussion von Angesicht zu Angesicht ist irgendwie immer, finde ich, so am besten als Austausch.
SPEAKER_10 – 66:37
Das sehen wir nämlich auch, dass es da Brüche gibt, dass eben die älteren Menschen eher die analoge Kommunikation bevorzugen und den Jüngeren die digitale näher ist, weil da einfach ein anderer Trainingseffekt da ist.
SPEAKER_06 – 66:46
Ja, aber wissen Sie, ich mache auch Busreisen und das mache ich überwiegend mit Älteren und da wird das ja halt auch immer mehr, weil viele eben das auch über die Enkelkinder und die Kinder… Ach, die sind lang? Wirtschaftsgärtner.
SPEAKER_06 – 66:57
Im Urlaub meine ich. Urlaubsreisen mache ich öfter mit dem Bus und da beobachte ich das halt auch. Das wird auch in der älteren Generation irgendwie immer wichtiger für die Leute.
SPEAKER_05 – 67:07
Da verschiebt sich sicher einiges. Vielen Dank, Herr Haberland, dass Sie uns Ihre Sicht auf dieses Thema mitgeteilt haben und ich muss noch mal nachhaken, Sie haben mit dem analogen Herr Maas, Sie haben aber auch gesagt, dass es ein Bedürfnis bei jüngeren Menschen zunehmend nach analoger Kommunikation gibt. Nee, in der Arbeitswelt.
SPEAKER_10 – 67:25
Das ist immer so eine Traumvorstellung, dass ich jetzt über TikTok, über witziges TikTok-Tanzvideo da jetzt einen jungen Mensch kriege, der weiß ja, dass er in der Arbeit dort physisch auch arbeiten muss und der möchte eigentlich in der Regel eher ja den Arbeitsplatz kennenlernen als solches und nicht ein tolles Instagram-Post-Video oder ein tolles TikTok-Video, sondern tatsächlich eher den Arbeitsplatz physisch kennenlernen, weil sie dort auch physisch arbeiten. Und man darf nie vergessen, dass die Jüngeren mit Social Media mehr oder weniger groß geworden sind. Das war immer eine private Bespielung. Das heißt, in meiner Freizeit, da will ich nicht unbedingt meinen Arbeitgeber sehen. Das ist sowas wie eine Grenzüberschreitung. Jedenfalls berichten das so die Jüngeren. Wie wenn für uns Älteren dann jemand am Sportplatz oder Fußballplatz dann kommt und sagt, möchtest du bei mir arbeiten? Sag ich, ja, jetzt nicht mehr. Du hast ja nichts verloren in meiner Freizeit. Das sehen die Älteren nicht, weil die im anderen Alter mit Social Media und mit dem ganzen Thema in Berührung kamen.
SPEAKER_05 – 68:19
Also würden Sie auch sagen, Herr Schröder, es sind mehr so Veränderungen, Social Media ist ins Leben gekommen und ist für viele Alltag. Das ist etwas, damit geht man um. Darauf reagiert man. Das prägt vielleicht eine Generation. Aber ganz andere Sachen gehen wieder auseinander.
SPEAKER_14 – 68:34
Also das kann ich nicht messen. Sondern ich kann die Variablen abfragen, die es seit 1984 abgefragt gibt. Aber ob jetzt jemand lieber SMS oder WhatsApp schreibt oder so, das kann ich nicht empirisch messen.
SPEAKER_10 – 68:53
Cyberpsychologen tatsächlich schon. Also man hat tatsächlich auch hirnphysiologische Veränderungen durch die extreme Nutzungsdauer. Es waren teilweise 60 Stunden während der Corona-Pandemie. Die enorme Dopaminausschüttung, Oxytocin-Ausschüttung in der Interaktion mit vor allem auch Influencern. Da gibt es tatsächlich ganz interessante Studien eben in der Cyberpsychologie.
SPEAKER_05 – 69:10
Wenn wir jetzt so eine Art Fazit wollen, was den Generationendialog auch bestimmt. Wir haben jetzt festgestellt, also dieser Generationenbegriff ist relativ beliebig, diese Einteilung. Alle 15 Jahre eine neue Generation. Offensichtlich gibt es aber ein Bedürfnis, ein mediales oder auch von Arbeitgebern oder auch von Gruppen selber einer Generation sich einzuteilen oder auch Vorurteile, Stereotypen zu transportieren.
SPEAKER_10 – 69:35
Sich selber dadurch weniger hinterfragen zu müssen, indem ich dann einfach so ein Stereotyp den Jüngeren überstülpe. Also nochmal, wenn ich diese 4-Tage-Woche zitieren darf, wenn ich die eben auch anbiete, dann darf mich nicht wundern, dass jemand kommt und die annimmt. Ich kann aber nicht daraus schließen, dass jemand faul ist. Wenn ich früher 40 Bewerber bekommen habe und kriege jetzt nur noch 3, dann fallen halt die mit dem vielen Rechtschef wieder größer auf. Aber ich kann nicht daraus Rückschlüsse ziehen. Die Jüngeren können eigentlich nicht mehr lesen und schreiben, weil ich meinen Prozess nicht hinterfrage, wen ich da bekomme. Das hat ganz viel mit uns selber zu tun. Also wir müssen erstmal bei uns anfangen, bevor wir da eben auf so ein Muster zurückgreifen.
SPEAKER_05 – 70:07
Herr Schröder, was würden Sie sagen, wie sollten wir klüger damit umgehen mit dieser Generationenfrage? Wann hat es einen Mehrwert? Wann kriegen wir da soziologisch bessere Aussagen?
SPEAKER_14 – 70:17
Also es ist total verführerisch. Selbst ich, der sozusagen vielleicht der Mister es gibt keine Generationen aus versehen geworden bin, ja, sagt trotzdem noch ab und zu mal ja die und die Generation. Wir müssen uns aber einfach nur klar machen, es ist ein Shortcut für, ganz oft meinen wir, Junge sind anders als Ältere und sagen aber, es ist eine Generation. Und das hat einen praktischen Effekt, nämlich wenn wir sagen, die Jüngeren sind so wie die Älteren, werden aber später selber so, wie die heute Älteren, dann hätten wir schon mal sehr, sehr viel gelernt, zu denken, das ist eine Generation und die werden jetzt für immer anders sein.
SPEAKER_05 – 70:53
Das nehme ich jetzt mal als Schlusswort. Vielen Dank Martin Schröder, Professor für Soziologie an der Universität des Saarlandes und Rüdiger Maas, Psychologe am Institut für Generationenforschung aus Augsburg, dass Sie uns und auch die vielen Hörerinnen, die sich beteiligt haben, zur Generationenfrage und auch dem kritischen Hinterfragen einiges erzählt haben. Hier geht es gleich weiter mit der Sendung Umwelt und Verbraucher. Ich wünsche Ihnen und allen Generationen noch einen schönen Tag.
Rubrik: Werte in den Medien
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Letzte Bearbeitung am 06.10.2024