Wortformen: ästhetisch, Ästhet, Ästhetin, Ästhetiker, Ästhesie
Synonyme
Formgefühl, Geschmack, Kultur, Kunstverständnis, Schönheitssinn, Stil, Stilgefühl, ansprechend (ästhetisch)
Ähnlich: Anmut
Englisch: aesthetics (Philosophie, Kunst), aesthetic (schön, schöngeistig)
Wortherkunft
Aus griechisch „aisthētikḗ (téchnē)“ = „Wissenschaft vom sinnlich Wahrnehmbaren“ und „aisthētikós“ = „wahrnehmend sowie „aisthánesthaí“ = „wahrnehmen, empfinden“
Definition
Theorie und Philosophie der sinnlichen Wahrnehmung in Kunst, Design, Philosophie und Wissenschaft.
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Ästhetik (abgerufen am 18.07.2017)
Hinweis: Eine als Teilgebiet der Ästhetik angesehene Lehre, welche sich ausschließlich mit sehr schönen Dingen beschäftigt, nennt man „Kallistik“ (benannt nach der griechischen Nymphe „Kallisto“ = die Schönste).
Beschreibung
Unter Ästhetik wird allgemein verstanden:
- die Lehre von der wahrnehmbaren Schönheit,
- die Gesetzmäßigkeiten und Harmonie in der Natur und Kunst,
- die Lehre von den Wahrnehmung in Verbindung mit sinnlichem Anschauen.
Die Wissenschaft definiert den Begriff Ästhetik als das „Sortiment“ an Eigenschaften, die Menschen dabei helfen, wahrgenommene Gegenstände oder auch Körper bzw. Körperteile zu bewerten. Einige Wissenschaften differenzieren dabei zwischen „anziehend“ oder „abstoßend“.
Insbesondere Alexander Gottlieb Baumgarten (1714 bis 1762) hat die Ästhetik in Deutschland als eigenständige philosophische Disziplin etabliert. In seiner Schrift „Aesthetica“ (1750/58) definiert er die Ästhetik als die „Wissenschaft der sinnlichen Erkenntnis“. Er erhob damit die „sensitive“ über die „rationelle“ Erkenntnis.
(Siehe auch Literaturhinweis weiter unten)
Ästhetische Proportionen
Die Form eines Objektes oder Subjektes ist dann ästhetisch, wenn es unsere Sinne beim Betrachten bewegt (Emotion), was oft mit den Proportionen dieser Gestalt (zwei- oder dreidimensionale Form oder auch Bewegungsabläufe in Raum und Zeit) einhergeht.
Diese Proportionen finden wir deutlich in mathematischen Berechnungen des Architekten Vitruv (Marcus Vitruvius Pollio, ca. 75 v. Chr. bis 15 v. Chr.), nach dessen Theorie „Leonardo da Vinci“ die heute wohl weltweit berühmteste Skizze „Der vitruvianische Mensch“ gezeichnet hat.
Der „Goldene Schnitt“
Im 19. Jahrhundert wurde die wichtigste Proportion, welche für perfekte Schönheit, Ästhetik sowie ästhetische Funktionalität steht, als sogenannter „Goldene Schnitt“ (lateinisch „proportio divina“ = „göttliche Teilung“) benannt. Dieses proportionale Verhältnis war bereits in der griechischen Antike, durch den Mathematiker Euklid (3. Jh. v. Chr.), beschrieben worden.
Der Goldene Schnitt wird mit dem griechischen Buchstaben „Phi“ dargestellt bzw. symbolisiert und gilt in der Mathematik als die irrationalste Zahl. Sie hat ein Verhältnis von ca. 61,8 % zu ca. 38,2 % bzw. 1 : 1,618033988749894848204586…
Diese mathematische Proportion findet sich nicht nur im menschlichen Körper, sondern auch in der Natur immer wieder. Fast alle „natürlichen“ Körper und Körperteile sind mit dieser Proportion „konstruiert“.
Auch Schönheitschirurgen kennen diese Zahl und verwenden sie beim Korrigieren und/oder Optimieren von Körperteilen ihrer Patienten.
Ästhetische Harmonik
Die Harmonik (aus altgriechisch „harmonía“ = „Ebenmaß, Harmonie“) – auch Harmonielehre genannt – ist ein Begriff aus der Akustik, insbesondere der Musik. Im Unterschied zu Rhythmus und Melodie wird hier das „gleichzeitige Erklingen“ von unterschiedlichen Tönen untersucht und definiert.
Gleichzeitig zusammenklingende Töne nennt man in der Musik Akkorde (harmonischer Gleichklang), z. B. Dur- oder Moll-Akkorde, die unterschiedliche ästhetische Aspekte besitzen (akustische Temperatur). Meist gebräuchliche Akkorde sind Dreiklänge (drei Töne gleichzeitig) in bestimmter Abfolge, welche – neben Melodie und Rhythmus – den Charakter eines Musikstückes ausmachen.
Innerhalb von Akkorden schwingen bestimmte Konstellationen von Intervallen, die in ein Verhältnis zueinander gesetzt werden können. Besonders harmonisch sind die Oktave, die Quinte sowie die kleine und große Terz.
Ästhetische Farben
Genau wie akustische Töne besitzen auch optische Töne (Farben, sichtbare Frequenzen) Intervalle. In diesem Konzept-Muster passen ganz bestimmte Farben „harmonisch“ zusammen.
Mathematisch gesehen „stimmen“ bestimmte Farben mit akustischen Tönen sowie auch mit geometrischen Proportionen überein, sodass diese aus ästhetischen Aspekten miteinander kombiniert werden können, um damit eine multiple sinnliche Wahrnehmung zu erzeugen.
Wertesystemische Betrachtung
In der Aufstellung von Werten und Wertesysteme für Einzelpersonen, Gruppen oder Organisationen sind die Aspekte der Ästhetik, insbesondere der Proportions- und Harmonielehren sehr hilfreich – insbesondere wenn der Aspekt Stimmigkeit statt richtig oder falsch? bzw. gut oder böse? Anwendung finden soll.
So sollten Werte niemals systemisch, sondern symmetrisch aufgestellt werden und mindesten als „Dreiklang“ (quasi einen Akkord) aufgestellt (symmetrisiert) werden.
Dabei lösen wir das „entweder-oder“ im bewussten Denken (beispielsweise zweier antonymen Werte) auf und ersetzen es durch eine „trisymmetrische Aufstellung“ durch das Hinzufügen eines harmonisierenden 3. Wertes.
Zitate
“Leautauds ‘Es gefällt mir oder gefällt mir nicht’ hat oberstes Prinzip jeder Ästhetik zu sein. Das Warum ist zweitrangig.”
Ludwig Marcuse (1894–1971)
“Ethik ist die Lehre vom Schönen in uns, Ästhetik die Lehre vom Schönen um uns.”
Richard Graf von Coudenhove-Kalergi (1894–1972)
“Ästhetik heilt besser denn jegliche Psychologie.”
Christian Ferch (geb. 1966)
“Ist nicht unser ästhetischer Sinn das einzige, wahre Ewige in uns?”
Sophie Mereau (1770–1806)
“Ästhetische Vorschriften existieren für mich nicht. Was auf mich wirkt, wirkt.”
Theodor Fontane (1819–1898)
In den Medien
Vorlesung “Ästhetik” von Richard David Precht an der Leuphana Universität Lüneburg (2014)
“Die Ästhetik ist eine philosophische Wissenschaft. Ihr Gegenstand ist das ästhetische Erleben. Mit Baumgartens “Aesthetica” tritt in der Mitte des 18. Jahrhundert der erste Versuch hervor, die Gesetze der sinnliche Wahrnehmung zu beschreiben und eine Erklärung dafür zu geben, warum wir etwas “schön” finden. Fortgesetzt wird dieser Versuch in Kants “Kritik der Urteilskraft”, die die Struktur des ästhetischen Urteils freilegt. In Hegels “Vorlesungen über die Ästhetik” wird die Ästhetik zur Kunstphilosophie und weiterhin Teil von Hegels geschichtsphilosophischer Weltausdeutung. Auf Hegel aufbauend, aber auch auf Marx und Freud entwirft Adorno seine “Ästhetik der Negativität”. In der Gegenwart tragen vor allem die Semiotik und funktionalistische Bedeutungstheorien, wie jene von Nelson Goodman, dazu bei, Phänomene wie Ästhetik oder Kunst schärfer zu fassen und zu analysieren.” (Quelle: Website “Leuphana Universität Lüneburg”)
Literatur
Gödel, Escher, Bach – ein Endloses Geflochtenes Band
Gebundene Ausgabe – 10. August 2015 – von Douglas R Hofstadter (Autor), Gero Randow (Vorwort)
»Gödel, Escher, Bach« ist vielleicht das ungewöhnlichste Buch des letzten Quartals des 20. Jahrhunderts. Wie oft geschieht es, dass ein bis dato völlig unbekannter Autor in monomanischer Obsession ein paar hundert Seiten schreibt und damit die geistige Welt revolutioniert? Ein Buch, das über Nacht zum Kultbuch und Bestseller wird und sein Autor zum Mythos?
Dies ist Anlass, sich erneut eines der ungewöhnlichsten Sachbücher aller Zeiten vorzunehmen. Douglas R. Hofstadter und Gero von Randow führen in das Buch ein und begleiten die Lektüre eines der verblüffendsten und erhellendsten Bücher, das je geschrieben wurde.
Gödel, Escher, Bach – ein Endloses Geflochtenes Band
Theoretische Ästhetik: Die grundlegenden Abschnitte aus der “Aesthetica” (1750/58)
Lateinisch – Deutsch (Philosophische Bibliothek)
Gebundene Ausgabe (15. Dezember 2013) von Hans R Schweizer (Herausgeber, Mitwirkende, Übersetzer), Alexander G Baumgarten (Autor)
“Mit der Veröffentlichung der ‘Aesthetica’ löste Baumgarten ein, was er in seiner Metaphysica (PhB 351) im Ansatz formulierte: die Ästhetik als eigenständige Disziplin, das ist als ‘Wissenschaft der sinnlichen Erkenntnis’, systematisch zu begründen und zur Darstellung zu bringen. Der Impuls, der davon ausging, hatte wirkungsgeschichtlich zunächst nur als Entwurf einer besonderen Philosophie der Kunst breite Resonanz. Das eigentliche Ziel war jedoch sehr viel weiter gesteckt: Gegen Wolff, der die Formen der ‘sinnlichen Erkenntnis’ noch dem ‘unteren Erkenntnisvermögen’ zurechnete, erweist Baumgarten das Eigenrecht der sensitiven gegenüber der rationalen Erkenntnis.”
Letzte Bearbeitung am 12.04.2022