Grundmotiv: Autonomie

Wortformen: Autonomist, autonom, Autonomisierung, autonomistisch, autonym

Synonyme

Souveränität, Autarkie, Selbstbestimmung, Freiheit, Unabhängigkeit, Selbstgesetzgebung, Eigenverantwortlichkeit, Selbstbestimmtheit, Selbstverwaltung, Willensfreiheit

Ähnlich: Ich-Stärke, Mündigkeit, Emanzipation, Selbständigkeit, Subsidiarität, Triebkontrolle, Selbstkontrolle

Fremdwort: Independenz (bildungssprachlich)

Gegenteil: Heteronomie (Fremdgesetzlichkeit, Abhängigkeit; ähnlich: Aberglaube, Verschwörungstheorie)

Englisch: autonomy (Unabhängigkeit), self-sufficiency (Selbstversorgung, Eigenständigkeit, Autarkie)

Wortherkunft

Autonomie: entlehnt (2. Hälfte 18. Jh.) aus griechisch „autonomía“; zuvor (Ende des 16. Jhs.) in latinisierter Form als deutschgriechische „autonomía“ abgeleitet von griechisch „autónomos“ = „unabhängig, politisch selbständig“, das gebildet wurde, aus griechisch „autós“ = „selbst, eigen“ (als sog. Possessivkompositum) und griechisch „nómos“ = „Brauch, Sitte, Ordnung, Gesetz“, demnach: „eigenes Gesetz habend“.
Adjektiv „autonom“: verwaltungsmäßig selbständig, unabhängig; Mitte des 19. Jhs. aus dem Griechischen entlehnt; älter: „autonomisch“ (1. Hälfte des 19. Jhs.).

Definition

Das Recht, die Möglichkeit und die Fähigkeit in einem bestimmten Territorium (Lebensbereich, Wirkungsradius) nach eigenen Bestimmungen, Regeln und Werten zu leben.

Anmerkung: Diese Definition ist bestmöglich aus den nachstehenden drei Bereichen zusammengefasst: (1.) soziales Individuum: Zustand der Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung, (2.) Politik: autonome Gebiete innerhalb eines staatlichen Territoriums, die sich selbst verwalten und (3.) Robotik: Unabhängigkeit eines Autonomen mobilen Roboters.

Beschreibung

Das Ausleben von eigenen Wertvorstellungen ist eines der wichtigsten Grundbedürfnisse eines Menschen. Darin sind einige motivatorische Aspekte beinhaltet, wie beispielsweise:

  • orientierte Willenskraft
  • entsprechende Beweggründe (das eigene „Warum“)
  • Entfaltungsraum schaffen für das eigene Selbst
  • disziplinarische Selbstregulierung
  • Streben nach Erfolg (Lebensqualität und Selbstverwirklichung)

Wegen der elementaren Bedeutung von Autonomie wurde sie als eine der 7 Grundmotive der Intuistik identifiziert und verfügt.

Politik

Der Begriff Autonomie existiert in der deutschen Sprache erst seit dem 18. Jahrhundert und fand dort insbesondere Anwendung in der späten Zeit der Aufklärung (1650–1800). Die Idee, eines sich selbst bewussten, verantwortungsvollen und selbstbestimmten Menschen wurde in demokratischen Verfassungen sowie im Jahre 1949 auch im deutschen Grundgesetz fest verankert.
In praktizierten Demokratien besitzt jeder Mensch das Recht, vollständig selbstbestimmt zu leben, insofern er keine Rechte anderer verletzt und die verfassungsmäßige Ordnung (Sittengesetz) einhält.

Philosophie und Literatur

Thomas Mann beschreibt in „Lotte in Weimar“ die sittliche Autonomie und benennt dort auch die ästhetische Autonomie. Wobei das „Sittliche“ als „tugenhaft“ und das „Ästhetische“ als „sinnliche Entfaltung der eigenen Natur“ interpretiert werden kann.

Immanuel Kant hat eine Autonomieformel postuliert, die mit dem KI (Kategorischer Imperativ) verbunden werden kann. Sie besagt, dass die „Autonomie des Willens“ als oberstes Prinzip der Sittlichkeit gelten soll.

Psychologie

Besonders Resilienz kann auf selbstbestimmte Weise Autonomie herstellen, da sie verschiedene Arten der Unabhängigkeit erzeugen kann – zunächst auf der Haltungsebene (Geisteshaltung) und dann auch in soziologischen, makrosoziologischen, kulturellen, subkulturellen und physischen Ebenen.

Zitate

„Innere Wahrhaftigkeit ist eine notwendige Bedingung für Autonomie“

Thomas Metzinger (* 12. März 1958)

„Autonomie des Willens ist die Beschaffenheit des Willens, dadurch derselbe ihm selbst (unabhängig von aller Beschaffenheit der Gegenstände des Wollens) ein Gesetz ist. Das Prinzip der Autonomie ist also: nicht anders zu wählen, als so, dass die Maximen seiner Wahl in demselben Wollen zugleich als allgemeines Gesetz mit begriffen seien.“

Immanuel Kant; aus Grundlegung zur Metaphysik der Sitten (1785): die Autonomie des Willens als oberstes Prinzip der Sittlichkeit

In den Medien

Bewusstseinskultur und geistige Autonomie

Ein Vortrag von Prof. Dr. Thomas Metzinger am 30.03.2019 im betahaus Berlin; veröffentlicht vom YouTube-Kanal „MIND Foundation“ am 13.06.2019

In diesem Vortrag werde ich einen Blick auf neuere Forschungsergebnisse zum Mind Wandering werfen und diese dann aus philosophischer Perspektive begrifflich interpretieren. Mind Wandering ist das scheinbar spontane Auftreten von Gedanken, die nicht mit der aktuellen Handlungsaufgabe oder Wahrnehmungsumgebung zu tun haben („stimulus and/or task-unrelated thought“), und es ist in vielerlei Hinsicht das genaue Gegenteil von anstrengungsloser Achtsamkeit. Ich werde zeigen, dass zwei Drittel unserer bewussten Denkvorgänge keine autonome Form des inneren Handelns darstellen – sie sind nichts, was wir selbst tun. In Wirklichkeit sind sie Aspekte eines subpersonalen Vorgangs, eine unabsichtliche und halb-automatische Form von geistigem Verhalten. Insbesondere fehlt ihnen die Eigenschaft der Veto-Kontrollierbarkeit: Wenn wir in zum Beispiel in einen manifesten Tagtraum hineingeraten, verlieren wir damit auch das Wissen um unsere Fähigkeit, diesen auch wieder zu beenden. Außerdem gibt es eine unbemerkte Diskontinuität in unserem Selbstbewusstsein, weil sich sein Inhalt mit dem Beginn und dem Ende jeder Episode des Mind-Wandering abrupt ändert. Ich werde dafür argumentieren, dass man diese Tatsache am besten als einen Verlust von Selbstbestimmung auf der mentalen Ebene beschreibt und dass dies eine neue Perspektive darauf eröffnet, was Meditation in Wirklichkeit ist: Eine systematische und formale Praxis zur Erhöhung der eigenen geistigen Autonomie.“

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Letzte Bearbeitung am 05.05.2023

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